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Ganz frisch etabliert

■ Der Ökomarkt feiert heute seinen zehnten Geburtstag / Auch die Ökokiste floriert

Dicht an dicht stehen Imker, Gemüsestände, Brot- und Käsehandel auf dem Ostertorplatz, Ecke Wulwestraße. Chaotisches Durcheinander herrscht auf dem Ökomarkt auch an dessen zehnten Geburtstag. Durch die bescheidene Grundfläche wirkt der Markt winzig, aber die Kunden drängeln sich: Der Ökomarkt boomt.

„Wir haben heute fünf Mal soviel Fläche und zehnmal soviel Umsatz“, freut sich der Vorsitzende des Ökomarktes, Jürgen Hamelmann. Der Markt, der einst nur aus einer Handvoll Tapetentische bestand, hat sich zur festen Größe in der Infrastruktur des Viertels gemausert. Mittlerweile wird vier Mal die Woche ebenso vielfältig wie auf jedem anderen Wochenmarkt gewirtschaftet - nur eben ökologisch korrekt, und das ist bundesweit einmalig.

Der neuste Marktzuwachs ist ein Frischnudelhändler. Eine stimmige Ergänzung, denn die Frische macht den Markt im Vergleich mit den direkten Öko-Konkurrenten attraktiv. „Die Ware läuft hier einfach schneller durch als in den Bioläden“, sagt Hamelmann.

Doch die Qualität hat ihren Preis. Zwar zahlt man auf dem Markt durchweg weniger als im Bioladen. Im Supermarkt gibt es dennoch für das Geld oft die doppelte Menge Gemüse. „Aber das unkontrollierte Zeug will ich nicht“, erklärt Hausfrau Andrea Sievers ihre pralle Jutetasche. Der Ökomarkt hat sich eine gewisse politische Dimension als Alternative zum Mainstream erhalten, glaubt Marktleiter Hamelmann. „Fast alle, die verkaufen, haben ihre Geschichte in der Anti-AKW- oder Umweltschutzbewegung.“

Die Integrationsprozesse sind parallel verlaufen: Ähnlich wie die Händler ist der Ökomarkt heute fest etabliert. Gemüse aus biologisch kontrolliertem Anbau, Bio-Fleisch und Bio-Honig sind mehrheitsfähig geworden. „Das Etikett ,Bio' ist erkaufsfördernd,“ weiß Hamelmann. „ Früher schrieben wir das ganz klein, weil wir dachten, daß das abschreckt...“

Mittlerweile sind Bremens Biohändler noch einen Schritt weiter: Die Ware kommt direkt ins Haus. Die Ökokiste macht es möglich. Kundin Ulrike Brinkhoff schwört auf die wöchentliche Lieferung: „Die muß ich nicht schleppen.“ Der Segen für Berufstätige und Menschen mit Wohnsitzen fernab der Bioladen-gesättigten Stadtteile Ostertor und Mitte heißt Ökokiste GbR und existiert seit dreieinhalb Jahren. Der Ableger der Erzeuger-Verbraucher-Genossenschaft beliefert Haushalte aus Bremen und dem Umland rechts der Weser mit Brot, Obst, Käse und Gemüse - alles natürlich Bio. Der Clou: rein kommt, was gerade wächst. Deshalb ist die Ökokiste billig. Fünf verschiedene Gemüse und eine Sorte Obst, die Portionen zu 750 Gramm, kosten ab 20 DM.

„Ich mag das. Sonst bekommt man ja kaum noch die Jahreszeiten mit. Und so gibt es im Sommer eher Zuchini und im Winter eher Möhren“, sagt Brinkhoff. Angst vor Fehlgriffen brauche man nicht zu haben, so Ökokisten-Mitarbeiter Lothar Klerings: „Dafür gibt es die Ausschlußliste. Wenn jemand keinen Kürbis mag, liefern wir dafür was anderes.“

350 Abonnenten sind bislang mit Bio frei Haus zufrieden. Denn schließlich, so Brinkhoff, macht anders einkaufen einfach Spaß: „Die Kinder rennen immer aufgeregt hin und gucken, was drin ist, wenn der Biobauer mit der Kiste kommt.“ Lars Reppesgaard

Der Ökomarkt feiert heute seinen 10. Geburtstag von 9.30 Uhr bis 13.30 Uhr in der Mecklenburger Straße mit Musik, Spiel, Spaß und einem Buffet. Reguläre Ökomarktzeiten: Di. und Fr. auf dem Ostertorplatz, Mi. und Sa. Mecklenburger Straße. Ökokiste rechts der Weser: Tel. 275939. Ökokiste links der Weser: Tel. 04242/7978

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