: „So können die Briten nicht weitermachen“
■ Honor Funk, Abgeordneter und Rinderexperte der Christdemokraten (EVP) im Parlament der EU und selbst Züchter in Ochsenhausen, hält den britischen Kurs für nicht durchhaltbar
taz: Herr Funk, wie sollte die Europäische Union auf die neue Provokation von John Major reagieren?
Honor Funk: Das Embargo gegen britisches Rindfleisch gilt natürlich weiter. Ansonsten ist das jetzt erst einmal ein Fall für die Wissenschaftler. Die müssen diese Oxford-Studie genau prüfen.
Halten Sie die Studie für seriös?
Ja, unbedingt. Man muß die Forschungsergebnisse allerdings im Zusammenhang sehen. Einerseits sagen die Oxforder, BSE wird bis 2001 erledigt sein. Andererseits gibt es aber auch eine andere Studie aus Oxford, die eine BSE- Übertragbarkeit vom Mutterrind auf das Kalb belegt. Das relativiert die Bedeutung natürlich.
John Major hat die Forschungslage also einseitig interpretiert?
Genau. Aber so können die Briten nicht weitermachen. Das Europaparlament hat heute beschlossen, daß zum 1. Januar 1997 Herkunftsnachweise für Fleisch verbindlich sind. Dann können die Verbraucher gezielt auswählen, welches Fleisch sie essen und welches lieber nicht. Das wird sich natürlich vor allem gegen britisches Rindfleisch richten. Deshalb müssen die Briten langsam etwas Dampf machen mit ihren Maßnahmen.
Die Herkunftsnachweise müssen aber auch noch vom Ministerrat beschlossen werden. Werden die Briten das nicht zu verhindern versuchen?
Dann würden sie sich völlig unglaubwürdig machen. Sie sind doch der Überzeugung, daß ihr Fleisch in bester Ordnung sei. Auch die jetztige Aktion war doch ein Schuß ins eigene Bein. An eine Aufhebung des Embargos ist so sicher nicht zu denken. Selbst die britischen Farmer sind schon sauer auf die Regierung.
Der Chef des englischen Farmerverbands, David Naish, ist heute in Brüssel. Er wird dort doch kaum die EU-Kommission gegen John Major unterstützen...
Ach, wissen Sie, die englischen Farmer sind immer halb mit John Major, halb gegen ihn. Sie fühlen sich vor allem ungerecht behandelt, weil sie immer noch glauben, daß sie nichts Unrechtes getan haben.
Dabei haben sie zum Beispiel Futtermittel benutzt, die längst verboten waren...
... aber auch das ist ein Problem der Regierung. Ich kann doch nicht Futtermittel verbieten und das dann nicht kontrollieren.
Hat nicht der sächsische Alleingang bei den VW-Subventionen das Klima für die jüngste Anti- EU-Attacke von John Major erst geschaffen?
Also, zum einen glaube ich, daß die Sachsen mit ihren Vorstellungen auch nicht durchkommen. Zum anderen muß man aber einen großen Unterschied betonen: Wenn die Sachsen gegen ein Kommissionsveto verstoßen und Geld an VW auszahlen, dann gefährdet das nicht die Volksgesundheit. Wenn die Briten gefährdete Rinder einfach nicht schlachten, aber wohl. Interview: Christian Rath
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