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Zielvorgaben zur Erfolgskontrolle

■ Hamburger Frauenhäuser kämpfen gegen Sparzwänge und die Anonymität der Bewohnerinnen / Demo-Bus rollt nach Kassel

„Wir haben uns geweigert, Zahlen zu liefern, und wir werden uns auch weiterhin weigern“, sagt Verena Roller-Lawrence vom 4. Hamburger Frauenhaus. Die fünf Autonomen Hamburger Frauenhäuser seien nicht bereit, gegenüber der Behörde Angaben darüber zu machen, aus welchen Ländern die Frauen kommen, die bei ihnen Zuflucht suchen: Deren Anonymität müsse gewahrt bleiben.

Immer wieder versucht die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS), Näheres über Zahl und Aufenthaltsdauer, vor allem aber über die Herkunft der Bewohnerinnen der Frauenhäuser zu erfahren. „Ab Oktober“, sagt Petra Bäurle, BAGS-Sprecherin, „wird sich die Behörde mit den Frauenhäusern über Zielvorgaben einigen müssen.“ Diese dienten unter anderem der „Erfolgskontrolle“.

Insgesamt verstärke sich der Druck auf alle behördlich finanzierten Frauenprojekte der Stadt, erklärt Angelika Damm vom 2. Hamburger Frauenhaus. „Bundesweit“, sagt Roller-Lawrence, „stehen wir jedoch noch ganz gut da.“ Die Frauenhäuser in Kassel und Hornberg zum Beispiel müßten ihre Autonomie zugunsten einer Übernahme durch Wohlfahrtsverbände aufgeben. Zu einer Protestdemonstration in Kassel am kommenden Samstag rufen auch die Hamburger Frauen auf.

Nachdem den Hamburger Frauenhäusern im 96er Haushalt Stellen gekürzt wurden, haben sie in diesem Jahr „nur“ Einbußen bei den Sachmitteln hinzunehmen: das 1. Haus mit 45 Plätzen für Frauen und Kinder bekommt 70.000 Mark weniger; dafür bekommen die kleineren Häuser mit 30 Plätzen ein wenig mehr. Die Hürden, die die Betroffenen und die Mitarbeiterinnen der Häuser zu nehmen haben, werden jedoch höher. So wird neuerdings den Frauen, die sich um eine neue Wohnung bemühen müssen, von einigen Wohnungsämtern der Dringlichkeitsschein mit der Begründung verweigert, daß der freie Wohnungsmarkt sich entspannt habe.

Nur: „Gerade Migrantinnen mit mehr als einem Kind haben auf dem Markt keine Cance“, sagt Damm. Asylsuchenden Frauen werde überdies über ihren Duldungsstatus eine Privatwohnung verweigert, ergänzt Roller-Lawrence. Die Idee der BAGS, Frauen den Verbleib im Frauenhaus von mehr als einem Jahr zu verweigern, sei deshalb geradezu „böswillig“. „Aus Jux und Dollerei“, so Damm, „bleibt bestimmt keine in einem Acht- oder Fünf-Bett-Zimmer.“

Ulrike Winkelmann

Buskarten für die Demo am 28. September in Kassel gibt es für 23 Mark im Frauenbuchladen, Bismarckstraße 98; Abfahrt: 6 Uhr Museumstraße, Altona.

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