: Mit der Kettensäge gegen Bäume
■ Hamburger Immobilien-Dealer aus dem Dunstkreis der Scientologen rodet in Maschen für mehr Wohnungen
Ein Kettensägenmassaker an rund 2000 Bäumen und die Zerstörung von bronzezeitlichen Grabhügeln sorgt in der Maschener Heide für Aufregung. Verantwortlich für den Baum- und Kulturfrevel auf dem 20 Hektar großen Gelände vor den Toren Hamburgs ist der im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften bekanntgewordene Scientology-Großspender Michael Klinger. Der will dort Wohnungen errichten.
Polizisten mußten Anfang dieser Woche aufgebrachte Anwohner und Holzfäller am Maschener Holunderweg trennen, um blaue Augen und blutige Nasen zu verhindern. Zu dem Zeitpunkt waren schon mehrere hundert Fichten den Motorsägen der Arbeiter zum Opfer gefallen. Grundeigentümer Michael Klinger, vor kurzem durch eine Altbau-Umwandlung in der Heimfelder Wattenbergstraße durch seine Firma Gorgo Verwaltungsgesellschaft GmbH hervorgetreten (taz berichtete), hatte den Kahlschlag-Auftrag erteilt. Bei der Aktion wurde ein denkmalgeschützter Grabhügel aus der Bronzezeit völlig und ein zweiter stark zerstört. Das Harburger Helms-Museum will eine archäologische Notgrabung vornehmen lassen und die anffallenden Kosten dem Verursacher aufbrummen.
Hintergrund des Aktivismus: Das betroffene Areal ist im Bebauungsplan „Heide Südost II“ für eine lockere, durchgrünte Bebauung mit 250 eingeschossigen Häusern vorgesehen. „Die Vermutung liegt nahe, daß durch die Baumfreimachung eine wesentlich dichtere Bebauung angestrebt wird. Dadurch würde Herrn Klinger sehr viel Geld zufließen“, sagt die Harburger SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Helga Weise, die scientologische Aktivitäten auf dem Immobiliensektor schon seit langem im Visier hat. Das jüngste Klinger-Engagement sei, so Frau Weise, ein Hinweis darauf, daß das Unternehmen Scientology nun Geschäfte im großen Stil in Niedersachsen plane.
Derweil sind die rüden Methoden des Erschließungsträgers Thema des verlängerten Kommunalwahlkampfs geworden. Am kommenden Sonntag tritt die SPD-Kandidatin Tumuschat-Bruhn gegen den amtierenden Gemeindedirektor Rainer Timmermann (CDU) zur Stichwahl um das Bürgermeisteramt an. Die Herausforderin wirft Timmermann vor, die Abholzarbeiten durch eine Verfügung nach dem Naturschutzgesetz zu spät gestoppt zu haben. Der Gemeinderat hatte zwar kürzlich eine Baumschutzordnung für die Waldsiedlung Maschen-Heide beschlossen, die Veröffentlichung im Amtsblatt verzögerte sich aber bis zum 19. September – zu spät für über 2000 Nadelhölzer. Volker Stahl
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen