: Mit Bank und Bombe
■ Die Arbeiten schwedischer und holländischer KunststudentInnen in der GAK wirken experimentierfreudig, bisweilen aber auch vordergründig
Was haben Malmö und Amsterdam miteinander zu tun? „Eine ungewöhnlich freie Kunstausbildung“, sagt Eva Schmidt, Leiterin der Bremer GAK (Gesellschaft für Aktuelle Kunst) in der Weserburg. Die Akademien von Malmö und Amsterdam scheren aus dem üblichen obrigkeitsgläubigen Kunstbetrieb aus. Arbeiten von 13 NachwuchskünstlerInnen dieser Städte hat die Kunsthistorikerin deshalb an Land der Teerhofinsel gezogen. Bis zum 20. Oktober werden sie in der GAK ausgestellt.
Die Idee: In Malmö und Amsterdam wurden einzelne Klassenverbände und die Zuordnung zu herkömmlichen Gattungen abgeschafft. Fest angestellte ProfessorInnen sind die Ausnahme. Stattdessen gibt es ein freies Angebot an Projekten. In regelmäßigen Abständen kommen internationale Gastprofs an die Rijksakademie Amsterdam und die Konsthögskolan in Malmö. Stars wie die Maler Markus Lüpertz oder auch Jörg Immendorff, die „als Hochschullehrer am laufenden Band kleine Lüpertze und kleine Immendorffer produzieren“, sagt Eva Schmidt, hätten dort keine Chance.
Die Folge: Die Kunst der holländischen und schwedischen Gäste ist offen für Zeichnungen, Malerei, Video, Computer, Film, Installationen und Fotografie.
Technikbegeistert zeigen sich in der GAK besonders die StudentInnen aus Amsterdam. Zum Beispiel der Belgier Boy & Eric Stappaerts mit seiner Installation „Bank und Bombe“. Aus dem in deutschen Wohnzimmern heiß geliebten Eichenholz hat er ein emotionslos kantiges Sofa gebaut, hinter dessen Sitzfläche eine gelb schwarz geringelte Alu-Bombe droht. Mit dieser Gefahr im Rücken können es sich BetrachterInnen hier bequem machen, während in einem PC per Mouseclick Stappaerts' Ideen zum Universum abzurufen sind.
Andere Arbeiten der StudentInnen wirken hingegen einsilbig. Etwa wenn Quinten Trentelman aus Amsterdam im Videofilm Alltägliches durch theatralische Musik verfremdet. Das Planschen von Kindern im Schwimmbad mutiert zum Horrorspektakel mit Hitchcock-Charakter – mehr nicht. Einprägsam, aber kaum tiefsinniger wirkt eine Projektion von Lin de Mol, 31. Sobald BesucherInnen den schwarzen Vorhang beiseite schieben, springt ein alter Projektor an und zeigt den Hinterkopf einer Person, deren Körper im Nordseesand vergraben ist – ein 16-Millimeter-Film zum Thema Gefangensein und Folter.
Frei von High-Tech gibt sich in der Kunstschau auf der Weserinsel der Nachwuchs aus der Malmö-Schule. Kamilla Rydahl, 29, aus Stockholm hat sich den 70er Jahre- Slogan „Make Love Not War“ in die Haut geritzt. Das recht abstoßende Ergebnis wurde fotografiert, um es auszustellen.
Eine Kollegin hat tagebuchartig die Wege während eines New York Aufenthalts auf einem Faltplan nachgezeichnet und überklebt – eine Art der Zeiterfassung, die im Vergleich zu etablierten KonzeptkünstlerInnen wie Hanne Darboven recht vordergründig bleibt. Witz hat hingegen die Raumstudie der Spanierin Alicia Framis, 29: Einen bordeauxroten Koffer hat sie mit Wachs ausgegossen. Interviews angesichts dieses kuriosen Objekts wurden in Videos und Protokollen fixiert. Das Interessanteste an der jungen Kunst in der GAK bleibt jedoch vorerst das freie Klima der beiden Kunsthochschulen, in denen sie entstanden sind.
Sabine Komm
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen