: Kein dritter Mann
■ §129a: Die AIZ ist mangels Personal wohl doch keine terroristische Vereinigung
Zum Skat braucht man den dritten Mann. Auch ein Verein braucht mindestens drei Gründungsmitglieder. Zu zweit bringt man es weder zu einer Gruppe noch – laut Gesetz – zu einer terroristischen Vereinigung. Deshalb bröckelt der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer Terror-Vereinigung nach § 129a gegen Michael Steinau und Bernhard Falk. Den beiden im Februar in Witzhave (Kreis Stormarn) verhafteten Männern wird vorgeworfen, Mitglieder der Antiimperialistischen Zelle (AIZ) zu sein. Der Bundesgerichtshof hob jetzt den „dringenden Tatverdacht“ in diesem Punkt gegen die beiden Rellinger auf.
Während Verfassungsschützer und Staatsanwälte die Stärke der linksradikal-islamistischen Gruppe in der Vergangenheit stets auf 25 bis 50 Personen schätzten, fehlt heute jeder Hinweis auf die Existenz weiterer AIZ-Mitglieder.
Dabei waren sich die Ermittler des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes sicher, am Tatort eines der AIZ angelasteten Sprengstoffanschlages auf die Düsseldorfer CDU-Kreisgeschäftsstelle Fingerabdrücke einer dritten, unbekannten Person entdeckt zu haben. Nach fieberhafter Suche gelang es den Strafverfolgern tatsächlich, die Identität des Gesuchten zweifelsfrei zu klären: Die Abdrücke stammten von einem vor Ort ermittelnden Polizeibeamten.
Für das Verfahren gegen Steinau und Falk hat der mögliche Wegfall des Terrorgruppen-Paragraphen entscheidende Auswirkungen: Die Bundesanwaltschaft muß nun die Beteiligung der beiden an den ihnen zur Last gelegten Anschlägen zweifelsfrei nachweisen. Sie kann ihre Anklageschrift nicht mehr nach dem Motto „mitgefangen – mitgehangen“ stricken.
Auch die isolierenden Haftbedingungen, gegen welche die beiden in Köln und Lübeck Inhaftierten bereits mit mehreren Hungerstreiks protestiert hatten, lassen sich kaum weiter aufrechterhalten. Sie können nur in Verfahren nach dem Anti-Terrorismusparagraphen angewendet werden. So berichtete Edith Lunnebach, die Verteidigerin von Bernhard Falk, gegenüber der jungen Welt, sie habe vergangenen Freitag mit ihrem Mandanten das erste Mal seit Haftbeginn ohne Trennscheibe sprechen können.
Marco Carini
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