: Mit Lachsalven gegen das Militär
■ Etwa 3.000 Gegendemonstranten lachten am Tag der Deutschen Einheit das Militär aus. Gute Stimmung auf der Jubelparade trotz geänderter Route und massivem Polizeiaufgebot
Zahlreiche Lachsalven sorgten bei der gestrigen Gegendemonstration zum Tag der Deutschen Einheit für „Bombenstimmung“. Etwa 3.000 Teilnehmer waren dem Aufruf von AMOK (Anti-Militärisches Oberjubel-K.O.M.I.T.E.E.), einem Zusammenschluß von über 300 linken Gruppen und Einzelpersonen, gefolgt. Unter dem Motto „Das Volk lacht das Militär aus!“ demonstrierten sie mit einer Jubelparade „gegen Bundeswehrpräsenz in Berlin und anderswo“.
Treffpunkt war um fünf vor zwölf Uhr auf dem Alexanderplatz. Kurioserweise wurde zum gleichen Zeitpunkt auch eine Waffenbörse in der nahe gelegenen Kongresshalle eröffnet. Die antimilitaristischen Demonstranten ließen sich von dieser Veranstaltung jedoch nicht provozieren. Vom Alexanderplatz ging es über den Platz der Vereinten Nationen hin zum Märchenbrunnen im Volkspark Friedrichshain.
Kurzfristig hatte das Verwaltungsgericht dem offiziellen „Deutschland-Fest“ den Vorzug gegeben, an der Straße Unter den Linden zu feiern, obwohl die AMOK-Veranstalter diese Route bereits Anfang des Jahres angemeldet und zugesagt bekommen hatten. So wählte AMOK erst recht den Märchenbrunnen als Ort für die Abschlußkundgebung: eine Anspielung auf „märchenhaften“ Streckenzusagen des Senats. Mitinitiator Dr. Seltsam schob sich im Rollstuhl sitzend vom Brandenburger Tor zum Alex, um auch die Besucher des Festumzugs auf die Gegendemonstration aufmerksam zu machen. Ohne Erfolg.
Der Zug setzte sich erst nach 13 Uhr im Schneckentempo in Bewegung. Damit kamen die Demonstranten ihrem Motto nah, ein „fröhlich-anarchischer Ausdruck des bürgerlichen Ungehorsams“ zu sein. Unter ihnen waren Künstler, Musikgruppen und Kabarettisten, unter anderem eine Bürgermeisterparodie vom „wahren“ Eberhard Diepgen. Er fand für die kunterbunte Truppe nur die trockenen Worte: „Das ist hier ein einziger Sauhaufen!“
Eine Schar von Männern, die sich als Schafe verkleidet hatten, präsentierten sich als „ideale Untertanen“. Ihr Motto: „Bundesverteidigungsminister Volker Rühe befiehlt, wir folgen.“ Ein Häufchen „Deserteure“ hatte die Hosen sichtbar „gestrichen voll“ von der Armee. Sie liefen in Unterhosen, die mit brauner und gelber Farbe vollgeschmiert waren. Mit selbstgebastelten Gewehren, Panzern, marschierten die lädierten AMOK-Läufer mit strammer Haltung die Straßen entlang und wollten damit zeigen, wie absurd militärische Rituale sind. Der Zug kam auf der langen Strecke immer wieder ins Stocken, und eins wurde dabei klar: Mit diesen Leuten ist kein Krieg zu gewinnen, aber irgendwie war es das ja auch, was sie unter Beweis stellen wollten.
Eskortiert wurde der Zug von einem Großangebot an Polizei. Zahlreiche Einsatzwagen sollten für einen ruhigen Ablauf der Jubelparade sorgen, sogar einige Wasserwerfer standen bereit. Bis zum Redaktionsschluß verlief die Veranstaltung ohne große Zwischenfälle, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Frank Fölsch
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen