■ Standbild: Nutzloses Wissen
„Spiegel TV: „Mein Kind ist homosexuell – von wem hat es das?“, Mi., 22.05, Vox
Sind's die Gene, der abwesende Vater, die allzu starke Mutter oder die bösen Onkels? Die Liste der möglichen Ursachen ist lang und wird regelmäßig fortgeschrieben, ehrlich gesagt, man will es eigentlich nicht mehr hören und sehen. So wenig wie die Talkshows von Arabella Kiesbauer bis Bärbel Schäfer, die so ziemlich den letzten boulevardtauglichen Aspekt homosexuellen Lebens bereits zu lustigem Geplauder verbraten haben.
Was „Spiegel TV“ im Titel versprach, wurde zum Glück nicht gehalten. Kein reißerischer Report über das gleichgeschlechtliche Unglück. Gene und „Erziehungsfehler“ wurden zwar thematisiert, aber mit den entscheidenden Argumenten – „Wozu das eigentlich wissen wollen?“ und „Welche negativen Folgen könnte dieses Wissen haben?“ – gleich wieder fallengelassen.
Moderatorin Marijana Stoisits hatte sich „betroffene Eltern“ und einen frisch ins Coming-out entlassenen jungen Schwulen ins Studio geholt, um im Schnelldurchlauf die Gedanken und gemischten Gefühle von Eltern und Kindern berichten zu lassen. Mit nur vier Personen im Studio und eingespielten Interviews mit einigen ihrer Familienangehörigen wurde ein Spektrum an Reaktionen und Konflikten samt ihrer Lösung offeriert, das kompakter kaum hätte sein können. Zielsicher war das Abfragen darauf abgestellt, in jeder Hinsicht positive Beispiele zu liefern. Homophobe Eltern zu Hause vor dem Fernseher müssen sich geschämt haben, Kinderlose konnten diese 45 Minuten immerhin mit dem Gefühl genießen, einmal Menschen von ihren Erfahrungen berichten zu hören, die ihre verkorkste Psyche nicht als Entertainmenteinlage ausstellen mußten. Axel Schock
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