Kommentar (vgl. Seite 1/36: Polizei rechtswidrig
■ Schallende Ohrfeige für Bremer Polizei
Zwei polizeiliche Praktiken hat das Bremer Antirassismus-Büro mit großer Sachkenntnis und Penetranz angegriffen: das zwangsweise Röntgen von Jugendlichen zum Zwecke der Altersbestimmung von Asylbewerbern und die zwangsweise Brechmittelvergabe. Beides sind medizinische Eingriffe aus Polizeiräson.
Zunächst mußte die Polizei das Röntgen einstellen. Nun wird auch die polizeiliche Brechmittelvergabe höchstrichterlich untersagt. Anmesty international hat zu der Bremer Praxis seit Monaten dasselbe erklärt, in Bremen hatten sich weder Polizei noch Justiz darum geschert.
Ein Strafverfahren wegen „Volksverhetzung“ gegen die Broschüre „Polizisten, die zum Brechen reizen“ war der Gipfel der Kampagne gegen das Antirassismus-Büro. „Volksverhetzung“ konnte das Gericht in der Kritik an der Polizeipraxis nicht erkennen. In seinem Übereifer hatte Polit-Staatsanwalt Picard vor zwei Tagen sogar erklärt, daß er den amtsrichterlichen Freispruch für diejenigen, die seit Jahren den Brechmittel-Zwang anprangern, nicht akzeptieren will und Revision eingelegt hat. Der Revisionsantrag muß vom Tisch, das ist das Mindeste. Nun wissen wir: Das Antirassismus-Büro stand bei seiner Kritik sogar fest auf dem Boden des Grundgesetzes und der Menschenwürde, Bremer Polizei und Justiz handelten grundrechtswidrig. Ob sich wer dafür entschuldigt? Klaus Wolschner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen