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„Offenes Ohr“ für Schüler

■ „Wenn man nicht redet, wird man krank.“ / Schulzentrum Walle eröffnet in Kooperation mit der Universität psychosoziale Anlaufstelle für SchülerInnen

„Für Verzweiflung gibt es viele Ursachen. Hier gibt es jetzt einen Platz zum Reden für Euch,“ sagte Barbara Larisch anläßlich der Eröffnung der Anlaufstelle „Offenes Ohr“ im Schulzentrum Walle. Mit einem kleinen KollegInnenkreis hat die engagierte Lehrerin über ein Jahr in ihrer Freizeit gerödelt, um das Projekt auf die Beine zu stellen. Zwar gibt es den Schulpsychologischen Dienst, aber seitdem die Sozialarbeiterstellen gekürzt wurden, gibt es in Bremer Schulen zu wenig niedrigschwellige Angebote für SchülerInnen mit Problemen.

„Als Lehrer müssen wir den Schülern den Stoff für ihre Prüfungen beibringen. Für individuelle Beratungen bleibt oft keine Zeit“, bedauert Barbara Larisch. Diese Lücke soll nun das „Offene Ohr“ schließen: Zwei PsychologiestudentInnen der Bremer Uni stehen den SchülerInnen täglich von 9 bis 13 Uhr zur Verfügung. Ein Jahr lang wollen Britta Jaenecke und Nik Nier die Beratungsstelle im Rahmen ihres Praktikums aufbauen. Für die Lehrerin Renate Haack-Wegner ist das Projekt ein gelungenes Beispiel für eine längst überfällige Kooperation zwischen Universität und Schule.

Ärger mit LehrerInnen, Streit um Zensuren, Konflikte mit den Eltern – das sind die Knackpunkte, an denen sich viele SchülerInnen Unterstützung wünschen. Das „Offene Ohr“ könnte auch eine Anlaufstelle werden für SchülerInnen, deren Abschluß aufgrund familiärer Probleme (Arbeitslosigkeit der Eltern, beengete Wohnungen, Alkoholismus) gefährdet ist, so die Hoffnung eines Lehrers.

Während für die Jugendlichen aus der gymnasialen Oberstufe Schul- und Familienprobleme im Vordergrund stehen, haben die BerufsschülerInnen, die am Schulzentrum Walle zu Arzthelferinnen ausgebildet werden, mit ihren Arbeitgebern zu kämpfen. Viele klagen über Unterbezahlung, Überstunden und Überforderung. „Wenn wir mit den Chefs reden wollen, haben die Auszubildenden Angst vor Tyrannei. Ärzte sind für einige eben noch Götter in weiß“, berichtet die Lehrerin Renate Kuhn. Die junge Arzthelferin Alexandra erhofft sich deshalb vom „Offenen Ohr“, daß „man da reden kann. Wenn man nicht reden kann, wird man krank.“

Sabrina aus der 13. Klasse findet das Angebot toll: „Bei Problemen hat man sofort einen Ansprechpartner in der Schule und muß nicht erst im Telefonbuch suchen.“ Doch bevor sie sich an die StudentInnen wendet, will sie die beiden „erst mal abchecken“.

Entstanden ist die Offene-Ohr-Idee in einem LehrerInnenkreis des Waller Schulzentrums, der sich an dem europäischen „Netzwerk Gesundheit“ beteiligt. Barbara Larisch: „Wir möchten an unserer Schule einen ganzheitlichen Ansatz von Gesundheit vermitteln.“ Für die Anlaufstelle habe man dem Lehrerkollegium einen Abstellraum abluchsen können, freut sie sich. Anschließend ging man auf Sponsorensuche, um das Geld für eine minimale Grundausstattung zusammenzubringen. Aus der Rumpelkammer wurde ein heller, einladender Raum mit bunten Möbeln. Der Schulpsychologische Dienst Walle betreut das Projekt kostenlos. „Bei therapeutischen Problemen können wir die Schulpsychologen nicht ersetzen. Aber zu uns können Schüler auch mal so zum Quatschen kommen. Wir gehen da zunächst nicht mit Theorien ran“, erklärt Britta Jaenicke. Ihr Kollege Nik Nier ergänzt: „Oft bekommen Jugendliche hundert Ratschläge zu hören. Genau damit wollen wir sie nicht überschütten, sondern mit ihnen zusammen nach Lösungen suchen.“

Beate Hoffmann

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