: Kommunisten im Visier
■ Gegen die Spitze der französischen KP wird wegen Korruption ermittelt
Paris (taz) – Nun auch die Cocos. Nach allen anderen Parteien, die seit vielen Jahren in der französischen Kommunalpolitik aktiv sind, steht seit diesem Montag die kommunistische Partei (PCF) wegen Korruption am Pranger. Erstmals richtet sich ein derartiges Ermittlungsverfahren wegen illegaler Parteifinanzierung gegen eine komplette Führungsspitze: Ex-Parteichef Georges Marchais, Parteichef Robert Hue, Schatzmeister Pierre Sotura und Richard Beninger, Chef des Zentralorgans L' Humanité.
25 Millionen Franc (ca. 7 Millionen Mark) sollen zwischen 1984 und 1994 als Bestechungsgelder in die Kassen der kommunistischen Partei geflossen sein. Die Quelle dieser Gelder war, so die Pariser Untersuchungsrichterin Laurence Vichnievsky, die kommunale Wasserversorgungsgesellschaft „Générale des Eaux“. Sie soll das Geld über Filialen der Firma „Gifco“ weitergeleitet haben.
Die „Gifco“, so die Ermittler, funktionierte nach demselben Prinzip wie die „Studienbüros“ die illegale Gelder an Sozialisten und die konservativen Formationen kanalisierten: Sie kassierte Schwarzgeld für nie geleistete Dienste, „wusch“ es, und gab es mehr oder weniger diskret weiter.
Der Chef der größten verbliebenen kommunistischen Partei des Westens, Robert Hue, reagierte umgehend und wütend auf die Vorwürfe der Justiz. Die Finanzen seiner Partei seien „transparent“, erklärte er und äußerte den Verdacht, die PCF sei wegen ihrer konsequenten Aufklärung über den „König Geld“, der die französische Gesellschaft regiere, ins Visier der Justiz geraten. Zugleich vermutete er ein politisches Manöver hinter den Ermittlungen. Seine Partei und ihr Zentralorgan bescheinigten ihm umgehend und schriftlich „totale Solidarität“.
Tatsächlich hätte der Zeitpunkt für die Verfahrenseröffnung kaum öffentlichkeitswirksamer sein können. Einen Tag zuvor hatte der Kandidat der Kommunisten bei den Parlamentsnachwahlen in der Kleinstadt Gardanne gewonnen. Am kommenden Wochenende muß er gegen den Kandidaten der Front National in die Stichwahl.
Selbst wenn ihr Mann in Gardanne diese Wahlen nicht gewinnen sollte, dürfte die rechtsextreme Front National dennoch Hauptprofiteurin auch dieser Affäre sein. Seit Jahren gebärdet sie sich als Saubermännerpartei, als diejenige, die nicht nur die Immigranten rausschmeißen, sondern auch die öffentlichen Finanzen bereinigen und den Korruptionssumpf trockenlegen will. Ob ihre Leute tatsächlich resistent gegen Bestechungen sind, konnte die noch junge und in der Kommunalpolitik erst seit kurzem aktive Partei bislang nicht unter Beweis stellen. Dorothea Hahn
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