Den Vierbeinern hilft es wenig

■ Bundeskabinett verabschiedet neues Tierschutzgesetz, Industrie und Landwirtschaft behalten weiterhin Vorrang

Berlin (taz) – Die Käufer von „wechselwarmen Wirbeltieren“ wie Fröschen oder Goldfischen müssen künftig mindestens 16 Jahre alt sein. Bisher konnten schon 14jährige solche Tiere erwerben. Das ist für den Alltag die wichtigste Neuerung des neuen Entwurfs für ein Tierschutzgesetz, das die Bundesregierung gestern verabschiedete. Nach wie vor gibt es keine Möglichkeit, schärfer gegen Massentierhaltung von Hühnern oder Schweinen vorzugehen.

Ansonsten treibt die Bundesregierung vor allem die EU. Die Deutschen wurden aus Brüssel schon mehrmals aufgefordert, die entsprechende EU-Richtlinie umzusetzen. In der BRD tauchte bisher vieles in der Statistik gar nicht auf: Das Töten von Tieren für die Studentenausbildung etwa und das Experimentieren mit tierischen inneren Organen gelten künftig auch offiziell als Tierversuche.

Die EU wird jedoch auch vorgeschoben, um die Kosmetikindustrie nicht zu sehr zu ärgern. Einerseits soll das Verbot von Tierversuchen für Make-up und andere „dekorative Produkte“ auf alle Kosmetika ausgeweitet werden – laut Entwurf aber nur „in EU-konformer Weise“. Das bezieht sich auf die EU-Kosmetik-Richtlinie. Die fordert ein Verbot ab 1998. Das Verbot tritt jedoch nur in Kraft, wenn alternative Testmethoden EU-weit anerkannt sind. Die Anerkennung ist nicht in Sicht und damit auch kein Verbot.

Im Referentenentwurf waren nach Informationen des Deutschen Tierschutzbundes sogar Erleichterungen bei der Genehmigung von Versuchen für die Unternehmen vorgesehen. Einige Arten von Tierversuchen müssen demnach gar nicht mehr genehmigt werden. Dabei kann schon jetzt kein beantragter Versuch wegen ethischer Bedenken wie etwa unnötiger Quälereien abgelehnt werden. Das zuständige Gremium beaufsichtigt nur, ob der Antrag korrekt gestellt wurde.

Die Zahl der Versuchstiere sank 1995 laut Landwirtschaftsminister Jochen Borchert (CDU) um 6,6 Prozent auf 1,6 Millionen – laut Tierschutzbund keineswegs aufgrund der Bürokratie in Deutschland. Die neuesten Daten für 1994 zeigten vielmehr, daß zum Beispiel mit 1.600 Exemplaren 20 Prozent mehr Primatenaffen in Labors ums Leben kamen als im Jahr davor. Selbst ausländische Forscher kämen nun zum Tierquälen nach Deutschland. Was vom Regierungsentwurf übrigbleibt, ist noch unklar: Der Bundesrat hat schon beim ersten Anlauf der Regierung seine Zustimmung versagt. rem