■ Die Telekom startet in den Endspurt für ihren Börsengang. Heute gibt sie die Preisspanne für ihre Aktien bekannt. Drei Millionen Interessenten fiebern schon.: Schnell reich werden, aber bitte ohne Risiko
Die Telekom startet in den Endspurt für ihren Börsengang. Heute gibt sie die Preisspanne für ihre Aktien bekannt. Drei Millionen Interessenten fiebern schon.
Schnell reich werden, aber bitte ohne Risiko
Die Deutschen werden immer cleverer. Deshalb wollen sie nun schnell reich werden, nicht nur langsam, aber sicher. Da kommt die Telekom mit ihrer 86 Millionen Mark teuren T-Männchen-Aktien-Werbung gerade recht: Aktien haben sich rentiert in den letzten Jahren, lehren die Experten, und der Bund will 20 seiner 100 Prozent an der Deutschen Telekom AG für geschätzte 15 Milliarden Mark verkaufen. Heute wird die ungefähre Preisspanne bekanntgegeben, bis zum 14. November kann verbindlich bei einer Bank bestellt werden (s. Kasten).
Der Wunsch nach schnellem Vermögenszuwachs und die Werbekampagne für die T-Aktie treffen zusammen: Drei Millionen Menschen haben sich als Interessenten registrieren lassen. Der Verkauf von Schlafmitteln dürfte drastisch steigen, wenn die Telekom-Aktien wie erwartet unters Volk gestreut werden. Denn der Kurs von Aktien gleicht einer Fieberkurve. Wie hoch die Rendite der Telekomscheine unterm Strich sein wird, ist völlig offen.
Zu jedem Pluspunkt, auf den die Telekom stolz verweist, gibt es auch das entsprechende Minus. Dem riesigen Cash-flow von 25 Milliarden Mark in diesem Geschäftsjahr – grob gesagt der Überschuß aus dem laufenden Betrieb – stehen die ebenfalls riesigen Schulden gegenüber. Mit über 105 Milliarden Mark steht der Staatstelefonierer bei Gläubigern in der Kreide. Die Zinsen für diese Altlasten aus diversen Verkabelungsprogrammen und die Dutzende von Milliarden, die die Modernisierung des DDR-Telefonnetzes gekostet haben, drücken den Bilanzgewinn um Milliarden.
Bis zum Jahr 2000 will Telekom- Chef Ron Sommer die Schuldenlast auf 65 Milliarden reduzieren. Zur Not könnten auch Teile des riesigen Immobilienbesitzes in zahlreichen Städten versilbert werden. Auch der Markt für Telefonieren und Datenaustausch soll noch lange um etwa sieben Prozent pro Jahr wachsen, schätzen Marktanalysen. Doch die Preise für eine Einheit werden sinken, wenn ab dem nächsten Jahr die privaten Konkurrenten ebenfalls in das allgemeine Daten- und Telefongeschäft einsteigen dürfen. Schon hat die Telekom Rabatte bis zu 39 Prozent für Geschäftskunden angeboten, um ein Abwandern zur Konkurrenz zu vermeiden – denn das knabbert an der Rendite.
Weil es auf dem Hausmarkt eng wird, will die Telekom global Geld verdienen. Die Idee ist jedoch auch anderen Konzernen gekommen. Trotz des Gemeinschaftsunternehmens „Global One“ mit der France Télécom und Sprint, die Nummer drei in den USA, wird der Kampf gegen Konkurrenten wie die British Telecom oder AT & T (USA) schwierig. Vor allem aber teuer: Wer sich wie die Deutsche Telekom in Märkte wie Indonesien oder Osteuropa einkauft, muß für Beteiligungen an den örtlichen Telefongesellschaften jeweils Hunderte Millionen Mark investieren.
Das Geld für Expansion, aber auch die Dividende für die Aktionäre müssen also nach wie vor aus dem Stammgeschäft in Deutschland kommen. Hier aber wird es in den nächsten Jahren ein milliardenschweres Pokerspiel geben: Das Konsortium der Energiekonzerne RWE (DEA-Tankstellen) und Veba (PreussenElektra, Aral) ist neben der Telekom Mitspieler. Sie können mit ihren Kriegskassen in Höhe von einigen Dutzend Milliarden Mark drohen. Auch die Viag mit ihren Bayernwerken oder Thyssen und Mannesmann sind hartgesottene Konkurrenten und teilweise schon etabliert auf dem Markt, wie Mannesmann mit seinem Mobiltelefongeschäft.
Von ihrer Finanzlage her könnten Veba oder RWE die Telekom in einen jahrelangen Preiskrieg zwingen. Dann wären Gewinn und Aktienkurs des heutigen Monopolisten dauerhaft ruiniert. Doch auch der Profit der Gegner würde leiden. Die Vorstandschefs der Energiekonzerne müßten sich fragen lassen, ob all das Geld nicht besser in den angestammten Bereichen investiert wäre.
Nach wenigen Jahren Schlagabtausch um die Kunden könnte sich die Marktverteilung soweit geklärt haben, daß alle Konzerne einer wohlbekannten Maßnahme aus dem Bereich des Tankstellengeschäfts zustimmen. Dort klappt die Abstimmung unter wenigen Konkurrenten recht gut. Die Preise steigen und fallen auf wunderbare Weise bei allen Anbietern gleichzeitig. Auch die Deutsche Telekom dürfte auf diese Weise ihr Auskommen haben. Reiner Metzger
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