: Justiz verteidigt Einstellung des Stolpe-Verfahrens
■ Opposition in Brandenburg ist empört und kündigt Dienstaufsichtsbeschwerde an
Potsdam (dpa/AP/taz) – Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg hat gestern die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Brandenburgs Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) im Zusammenhang mit der Verleihung der DDR-Verdienstmedaille verteidigt. Die Staatsanwaltschaft habe keine Entscheidung über die Glaubwürdigkeit Stolpes getroffen, betonte Rautenberg in Potsdam. Entscheidend sei vielmehr gewesen, ob eine Anklageerhebung eine Chance gehabt hätte. Der Generalstaatsanwalt räumte ein, es liege kein befriedigendes Ergebnis vor. Die Potsdamer Staatsanwaltschaft hatte am Dienstag Ermittlungen gegen Stolpe wegen Verleumdung eingestellt, weil der Sachverhalt nicht ausreichend geklärt werden konnte. Verfahren gegen die früheren Stasioffiziere Klaus Roßberg und Joachim Wiegand wegen Meineids wurden ebenfalls eingestellt.
In vierjährigen Untersuchungen habe nicht über jeden vernünftigen Zweifel hinaus geklärt werden können, wer dem jetzigen SPD- Politiker 1978 die Medaille verliehen habe, sagte Rautenberg. Ob er sie seinerzeit vom DDR-Staatssekretär für Kirchenfragen oder von Stasioffizier Klaus Roßberg und dessen Vorgesetztem Joachim Wiegand erhalten habe, sei auch nach Sichtung aller verfügbaren Akten und Vernehmung von Zeugen offen, erklärte Oberstaatsanwalt Felix Bak. Er schloß gleichzeitig eine Wiederaufnahme der Ermittlungen nicht aus, falls neue Beweismittel auftauchen sollten.
Stolpe hatte vor einem Untersuchungsausschuß des brandenburgischen Landtags zu seinen Stasikontakten ausgesagt, er habe den Orden von dem 1979 gestorbenen DDR-Staatssekretär für Kirchenfragen, Hans Seigewasser, bekommen. Der ehemalige Stasioffizier Roßberg hatte dagegen angegeben, er selbst habe Stolpe den Orden ausgehändigt. Der brandenburgische Ministerpräsident hatte Roßberg daraufhin wegen Meineids angezeigt; dieser ließ eine Anzeige gegen den Ministerpräsidenten wegen falscher Verdächtigung folgen.
Die brandenburgische Opposition hat empört auf das Ende der Ermittlungen reagiert. CDU-Generalsekretär Thomas Klein kündigte eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Generalstaatsanwalt wegen des Verdachts der Parteilichkeit an. Klein sagte, es sei „eindeutig klar, daß nicht in die richtige Richtung ermittelt wurde“. So seien wichtige Unterlagen nicht angefordert und die Betroffenen nicht gehört worden.
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