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„Es werden nur Leuchttürme übrigbleiben“

■ Rainer Höynck, der Präsident der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK) in Berlin, über die 100 Millionen Mark, die die Kultur der Hauptstadt bis 1999 sparen muß

taz: Herr Höynck, es wird von Kultursenator Radunski als Erfolg gewertet, daß es nur 100 Millionen Mark seien, die für den Kulturbereich bis 1999 eingespart werden müssen. Würden Sie als Berliner Kuturschaffender mit ihm auf das Ergebnis anstoßen?

Rainer Höynck: Nein, das ist natürlich Augenwischerei. Radunski hat im Abgeordnetenhaus gesagt, die 100 Millionen müssen eingespart werden, und alle dürfen froh sein, wenn es nicht 200 Millionen werden. Es ist völliger Unfug, nun die zweiten 100 Millionen als Erfolg zu reklamieren, denn die ersten 100 Millionen zerstören die Berliner Kultur nachhaltig. Es haben sich andererseits ja auch viele Institutionen bereiterklärt, außerhalb des unsinnigen „Kreisemodells“ eigene Vorschläge vorzulegen. Es ist ja nicht so, daß alle sagen: bei uns nicht.

Was ist denn Ihre Hauptkritik an Senator Radunskis Strukturmodell für die Berliner Kultur?

Das Modell steckt zunächst einmal voller Fehler. Der Haupteinwand ist jedoch der, daß man die Qualität von Kultur nicht nach Gruppen ordnen kann. Das Kreisemodell impliziert, daß die Bereiche in einen Käfig gesperrt werden und man dann sagt: Freßt Euch mal schön gegenseitig auf. Der Rat für die Künste hat sich ja auch geweigert, sich auf das Kreisemodell einzulassen.

Gibt es für Sie ein konstruktives Sparmodell, das man der Politik entgegenhalten könnte?

Wenn man ein paar Jahre zurückblickt, dann muß man sagen, daß ja schon seit geraumer Zeit sehr intensiv unter Mithilfe der Institutionen gespart worden ist. Es sind zum Beispiel vernünftige Modelle entwickelt worden, wie man die Eigenverantwortlichkeit und das Eigenwirtschaften der Theater verbessern kann. Das ist alles nicht hart umgesetzt worden. Gewiß muß man weiter überlegen, welches Angebot man machen kann. Es ist aber inzwischen ein Punkt erreicht, wo Haushaltseinsparungen nicht mehr weiter helfen. Jede Mark, die jetzt gespart wird, kann zur totalen Vernichtung einzelner Institutionen führen. Das schlimmste Beispiel ist die Vernichtung des Internationalen Instituts für traditionelle Musik, das weltweiten Ruf genoß und im September seine Arbeit einstellen mußte. Die eine Million, die damit eingespart werden soll, ist im Vergleich zum angerichteten Schaden lächerlich.

Welche Rolle hat bei den Sparüberlegungen der Rat für die Künste eingenommen? Kann eine Interessenvertretung der Kulturschaffenden überhaupt kräftig genug auftreten?

Zunächst einmal hat die Akademie der Künste als Initiator des Rats ihre Aufgabe erfüllt, dem Staat als Berater zu dienen. Sie wird zwar nicht gefragt oder oft nicht gehört. Die große Leistung scheint mir zu sein, daß statt der üblichen Verteilungskämpfe nun einmal Solidarität auf die Tagesordnung gesetzt wurde.

Würden Sie sich trotzdem den Vorwurf gefallen lassen, daß die Stimme des Rats für die Künste doch eher schwach zu vernehmen war?

Das ist sicher richtig, die Mitglieder des Rats für die Künste üben eine ehrenamtliche Aufgabe aus. Es stimmt aber wohl auch, daß sich alle beteiligten Institutionen mehr hätten einbringen können und müssen. Man sieht heute, daß man in Bezug auf Public Relation viel zu leise vorgegangen ist. Der Sparzwang wird akzeptiert, aber nur wenn er vernünftig ist.

Was bedeutet das langfristig?

Es wird auf eine Entertainmentkultur hinauslaufen, und es werden einige sogenannte Leuchttürme übrigbleiben. Interview: Harry Nutt

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