: Telefonquickies für 'nen Groschen
Telefonieren soll billiger werden. Das Kölner Jungunternehmen Tele-Net will noch in diesem Jahr das Telekom-Monopol auf der Straße brechen ■ Von Kathi Seefeld
Geschäftsführer Heinrich Brüll ist überzeugt: Wir beweisen, daß es billiger geht. Für nur zehn Pfennig sollen noch in diesem Jahr auch die BerlinerInnen 90 Sekunden lang telefonieren können. Zunächst am Ku'damm und an Bahnhöfen, später auch an anderen „lukrativen Standorten der Stadt“ will das Kölner Jungunternehmen Tele-Net mit seinen grünen Münzfernsprechern der Telekom Paroli bieten, erklärte Geschäftsführer Heinrich Brüll gegenüber der taz.
In Frankfurt, Hanau oder Oberhausen hängen die Geräte schon seit zwei Monaten. Mit Erfolg, wie Brüll versicherte. „Preiswerter zu sein als die Telekom wird von der Bevölkerung gern gesehen.“
Halb soviel kostet jedoch auch am Tele-Net-Hörer nur der erste Zeittakt. Jede weitere Einheit am Automaten schlägt wie bei der Telekom mit vollen 20 Pfennig zu Buche. Doch, so die Erfahrung der Münzfernsprech GmbH: Die meisten Leute neigen zu Fernprechquickies, einerseits. Andererseits reden sie oft auch länger als anderthalb Minuten. Und genau hier wird es für die Betreiber der Tele- Net-Geräte interessant.
Da das Unternehmen noch bis Ende 97 mindestens auf das Sprachmonopol und das Leitungsnetz der Telekom angewiesen ist, muß es dafür die offiziellen amtlichen Tarife entrichten. Die liegen bei 12 Pfennig pro Takt. Rein rechnerisch bleibt den Betreibern der Tele-Net-Münzer demnach erst mit der zweiten Einheit ein Überschuß von sechs Pfennig. Bei jedem Plausch unter 90 Sekunden zahlt er drauf.
Bei guter Lage, versichert Brüll, könnten dennoch bis zu 1.000 Mark im Monat verdient werden. Vorausgesetzt, die Kunden vertelefonieren 3.000 Mark. Denn mit etwa 2.000 Mark anfallenden Kosten muß der Besitzer rechnen. Allein die Telekom kassiert in diesem Fall 1.800 Mark sowie die monatliche Grundgebühr von 24,60 Mark.
Gegen Vandalismus ist der Tele-Net-Münzer, eine Eigenentwicklung der Kölner, dagegen offensichtlich gut gefeit. „Ein paar Telefonhörer sind mal abgerissen oder abgeschnitten worden. Aber viel mehr kann an unseren Geräten eigentlich nicht kaputtgemacht werden.“ Und damit auch keine Kosten verursachen.
Die ersten etwa 40 Münzfernsprecher, die von der Tele-Net an Franchisenehmer veräußert wurden, laufen nach Einschätzung des Geschäftsführers gut. Zirka 150 Anfragen von potentiellen Betreibern lägen noch vor, allein 30 davon in Berlin. Allerdings, so Brüll, würden künftig keine Franchisenehmer-Verträge, sondern nur noch Kaufverträge abgeschlossen. Etwa 4.000 Mark kostet ein grüner Münzer. „Wenn der Standort stimmt, hat sich die Investition binnen vier Monaten ausgezahlt.“
Gewinne, so Heinrich Brüll, fährt die Tele-Net mit dem Verkauf der Münzer selbst keine ein. „Für uns von Bedeutung sind später vor allem die Werbefenster, die sich an jedem unserer Fernsprecher befinden.“ Alle fünf Minuten, erklärt der Geschäftsführer, könne die Fläche funkgesteuert neu beworben werden. „Das ist schneller als jede Zeitung und zum Beispiel für Großhändler interessant, die kurzfristig Erdbeeren zum Sonderpreis loswerden wollen oder ähnliches.“
Obwohl in Sachen Telekommunikation der Markt der Endgeräte seit Jahren frei ist, sind Aktivitäten wie die des Kölner Unternehmens noch selten. „Es ist offen gestanden auch kein Vergnügen, bei den Machtkämpfen der Großen ins Visier zu geraten.“ Über mehrere Wochen, schildert Heinrich Brüll, sei seine Münzfernsprecher GmbH augenscheinlich observiert worden. Natürlich könne er nicht beweisen, wer dahinterstecke. „Es ging aber offensichtlich darum herauszufinden, ob wir mit einem Großkonzern zusammenhängen“, vermutet Geschäftsführer Heinrich Brüll.
Verwundert ist der Tele-Net- Chef auch darüber, daß die Telekom plötzlich um jeden Standort kämpfe, obwohl sie immer wieder betont hatte, daß Telefonzellen ein absolutes Verlustgeschäft wären. Ein Problem, daß auch den Verband der Postbenutzer brennend interessiert.
„Die Verbraucher“, so Heinrich Brüll, „haben ein Recht zu erfahren, warum die Telekom angeblich keine Gewinne macht. Telefonieren auf der Straße geht jedenfalls billiger. Wir werden es beweisen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen