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Nobelpreisträger ungeladen eingeladen

■ Bonn will Belo zur Kohl-Audienz gebeten haben. Doch der wußte leider nichts davon

Berlin (taz) – Wie lädt Helmut Kohl einen Friedensnobelpreisträger zur Audienz? Er weiß es scheints selber nicht. Nachdem ihm Xiemenes Carlos Belo am Montag in Jakarta einen Korb gegeben hatte, diktierte der Kanzler Journalisten neben seinem Bedauern in die Blöcke, eine Einladung an den Bischof von Ost-Timor sei rechtzeitig vor seiner Abreise am vergangenen Freitag abgeschickt worden. Abgeschickt? Gab es also eine schriftliche Bitte des Kanzlers um Kontakt – obwohl dessen Amt in der vergangenen Woche noch beteuert hatte, ein Treffen mit Belo während Kohls Indonesienaufenthalt sei „im Programm nicht vorgesehen“?

Falls ja, muß der Brief in irgendeiner Ablage verschüttgegangen sein: Gegenüber zwei Nachrichtenagenturen beteuerte Belo gestern, er sei zu einem Treffen mit Kohl „weder schriftlich noch mündlich“ eingeladen worden. Kohls Führungsstab beriet sich und ruderte zurück. Belo sei telefonisch vom deutschen Botschafter in Jakarta kontaktiert worden, korrigierte Regierungssprecher Peter Hausmann gestern im Troß des mittlerweile auf die Philippinen weitergereisten Kanzlers. Was Dr. Heinrich Seelmann dem Gottesmann dabei erzählt hat, wußte Hausmann nicht zu berichten. Belo jedenfalls scheint es nicht als offizielle Einladung des Kanzlers verstanden zu haben.

Zum Glück ist der Bischof nicht nachtragend. Er würde gerne im Dezember auf der Durchreise zur Verleihung des Friedensnobelpreises in Oslo im Kanzleramt vorbeischauen, erklärte er gestern. Sollte Kohl der Termin nicht passen, bietet sich ihm dieser Tage die Gelegenheit, einen vergleichbaren Gesprächspartner zu treffen. Just auf den Philippinen weilt derzeit Belos Mitpreisträger, der Osttimorese José Ramos Horta. Dessen Anwesenheit sei geeignet, sich auf Kohls Besuch „störend auszuwirken“, hieß es gestern warnend von offizieller philippinischer Seite. Des Kanzlers Einladungspolitik dürfte das verhindern. taud

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