Belfaster Gericht hält Rindfleisch für Todesursache

■ Erstmals bestätigt ein Gericht die wissenschaftliche These vom Zusammenhang zwischen BSE-infiziertem Fleischverzehr und dem Creutzfeldt-Jakob-Syndrom

Dublin (taz) – Ein 30jähriger aus West-Belfast ist an der kürzlich neu entdeckten Variante des Creutzfeldt-Jakob-Syndroms (CJS) gestorben, weil er höchstwahrscheinlich BSE-infiziertes Rindfleisch gegessen hat. Zu diesem Ergebnis ist vorgestern das nordirische Untersuchungsgericht unter Vorsitz von John Leckey gekommen.

Maurice Callaghan starb im November 1995. Seine Witwe Clare Callaghan, die zehn Tage nach seinem Tod eine Tochter zur Welt brachte, sagte vor Gericht, die ersten Symptome ihres Mannes hätten im Februar 1995 eingesetzt. Er habe unter Schlaflosigkeit und leichten Schmerzen in Händen und Füßen gelitten. Als sein Kurzzeitgedächtnis drastisch nachließ und sich Gleichgewichtsstörungen einstellten, habe man Callaghan auf Multiple Sklerose und Hirntumore untersucht. Erst im September 1995 diagnostizierten die Ärzte CJS. Dreimal wöchentlich habe ihr Mann die Jahre zuvor Rindfleisch gegessen, sagte Clare Callaghan.

Gerichtsvorsitzender Leckey stützte sich bei seiner Feststellung auf die Aussage von Professor James Ironside vom britischen Creutzfeldt-Jakob-Zentrum in Edinburgh. Ironside hatte bei der Autopsie Callaghans schwammförmige Veränderungen an seinem Gehirn festgestellt. Die sind typisch für die neue Variante von CJS, die wissenschaftlich vCJS heißt. Die höchstwahrscheinliche Ursache sei Kontakt mit dem Rinderwahnsinn BSE gewesen, sagte Ironside, obwohl ein direkter Beweis für die Verbindung noch fehle. Damit sei jedoch im nächsten Jahr zu rechnen.

Ironside ist Co-Autor des Berichts der Londoner St. Mary's Medical School, der vergangene Woche für Furore sorgte: Die Wissenschaftler hatten nachgewiesen, daß die Prionen, die vCJS auslösen, weit mehr Ähnlichkeit mit den BSE-Prionen haben als mit denen bei herkömmlichem CJS. An der neuen Variante sind bisher 14, meist jüngere Menschen gestorben. Ironside rechnet für die nächsten Jahre mit vielen weiteren Fällen, die er auf den Verzehr von Rindfleischprodukten vor 1989 zurückführt. Erst danach wurden bestimmte Innereien aus der Lebensmittelproduktion verbannt. Seitdem könne man Rindfleisch bedenkenlos essen, behauptet Ironside.

Clare Callaghan war mit der gerichtlichen Untersuchung zufrieden, auch wenn Leckey den Infektionsweg nicht mit letzter Sicherheit identifiziert hat. „Er hat aber in verschlüsselten Worten festgestellt, daß Maurice wegen Kontakt mit BSE gestorben ist“, sagte sie. „Wir müssen jetzt im Familienkreis beraten, wie wir weiter verfahren wollen.“ Ralf Sotscheck