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Birne – das Bild zum Irrtum

Bei Helmut Kohls Amtsantritt lag die Karikatur zum neuen Kanzler bereits seit drei Jahren vor. 1979 hatte der Titanic-Karikaturist Hans Traxler eine Figur gefunden, die Kohls Harmlosig- mit seiner Unförmigkeit aufs gemütvollste verband: die Birne. „Birne muß Kanzler werden!“ forderte eine Kampagne des Satireblattes, und ihre Initiatoren dürften einigermaßen gestaunt haben, als er es tatsächlich wurde.

Denn Birne, diese unaggressive, fast liebevolle Karikatur, war das Sinnbild der damals gerade von linken Intellektuellen gepflegten Gewißheit, daß dieser in Wort und Bild bestürzend eleganzfreie Provinzler Kanzler nun gerade auf keinen Fall werden konnte. Doch er kam und blieb, und Birne entwickelte sich zu einem, ja, nationalen Synonym für Kohl, unaggressiv und liebevoll genutzt: Birne, das Bild zum Irrtum.

Nur das Beharren auf Kohls Harmlosigkeit ermöglichte die Anverwandlung einer Karikatur in einen gezähmten Klassiker – mit dem er längst schon selber kokettiert und sogar auf Wahlplakaten mit dem Obst posierte.

Das diente übrigens schon einmal als politische Karikatur. Mitte des 19. Jahrhunderts zeichnete Honoré Daumier den französischen König Louis Philippe als Birne. Der wurde irgendwann gestürzt. So kann's auch kommen. Barbara Häusler

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