piwik no script img

„Gespart wird nichts“

■ „Topographie des Terrors“: Proteste gegen Baustopp gehen weiter

Die Proteste gegen den vom Senat angekündigten Baustopp für das Nazi-Dokumentationszentrum „Topographie des Terrors“ gehen weiter. Reinhard Rürup, wissenschaftlicher Direktor der gleichnamigen Stiftung, warnte vor den negativen Folgen einer zeitlichen Verschiebung. Wenn die Regierung von Bonn nach Berlin umziehe, werde „die internationale Öffentlichkeit sorgfältig darauf achten, wie die Bundesrepublik in der alten und neuen Hauptstadt mit der NS-Geschichte umgeht“, sagte Rürup. Die Geschichte des Nazi-Terrors müsse angemessen repräsentiert werden.

Heftige Kritik äußerte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus. Der Senat, so der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Wieland, spare eher bei der Aufarbeitung der Geschichte als bei Prestigebauten. Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, zeigte Verständnis dafür, daß die Stadt sparen müsse. Sie solle aber gut überlegen, an welcher Stelle. Bubis äußerte Zweifel, daß zu einem späteren Zeitpunkt Geld für den Neubau zur Verfügung stehen werde.

Die Internationale Liga für Menschenrechte bezeichnete in einem Protestschreiben an den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen die Entscheidung des Senats als einen „politischen Skandal“. Die Gelder für das Projekt seien vom Senat und von der Bundesregierung schon seit Jahren bewilligt und bereitgestellt worden. Ein Aufschub sei daher, so das Protestschreiben, unverantwortlich gegenüber der Weltöffentlichkeit und den überlebenden Opfern nicht vermittelbar.

Der Kreuzberger Baustadtrat Matthias Stefke (CDU) forderte den Senat ebenfalls auf, von dem Vorhaben Abstand zu nehmen. „Gespart wird hier gar nichts“, sagte er. Es handele sich nur um eine zeitliche Streckung der Baukosten, die letztendlich höher ausfallen werden als veranschlagt.

Der Senat hatte beschlossen, den Neubau des 45 Millionen Mark teuren Dokumentationszentrums auf dem Prinz-Albrecht-Gelände bis zum Jahr 2000 aufzuschieben. Ursprünglich war die Einweihung für November 1998 anläßlich des 60. Jahrestages der Novemberpogrome geplant. In der kommenden Woche will der Senat das Sparpaket mit der umstrittenen Position verabschieden. Dietmar Neuerer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen