: „Bremer bauen in Bremen“ - ohne Keller?
■ Senat sponsort HäuslebauerInnen/ Wer am Komfort spart, kann die Baukosten fürs Eigenheim um ein Viertel senken
10.000 Mark – so viel Geld können sich BremerInnen beim Bausenator abholen. Sie müssen sich nur ein Haus bauen. Das Geld ist ein Grundstückskostenzuschuß.
1996 gab es dafür insgesamt zwei Millionen Mark. Die gleiche Summe hält der Bausenator auch für 1997 bereit. Motto: Jetzt geht's dem Speckgürtel an den Kragen. „Bremer bauen in Bremen“, heißt die Aktion. Grund: „Mehr Einwohner erhöhen die Wirtschaftskraft des Landes“, so Bausenator Bernt Schulte (CDU). Ab sofort können HäuslebauerInnen sich dafür bewerben.
Problem: Irgendwo muß das traute Eigenheim stehen. Ein Grundstück muß her. Darum sollen Flächen nur noch als Bauland ausgewiesen werden, wenn sich die Großgrundbesitzer verpflichten, ein Drittel davon an kleine Häuslebauer zu verkaufen. „Das mag wie Erpressung klingen“, sagt Hartmut Spiesecke, Sprecher des Bausenators. „Aber die Wohnungsbaugesellschaften, die fast das gesamte potentielle Bauland in Bremen besitzen, profitieren durch die Ausweisung von mehr Flächen.“ Wohnungsbaugebiete für Einfamilienhäuser konnten so bereits ausgewiesen werden – für 840 Häuser in Arsten, für 160 Häuser in Findorff oder 950 Stück in Borgfeld. Untersucht wird noch ein Gebiet in Brokhuchting für 650 Eigenheime.
Nun ist das Häuslebauen hierzulande aber recht teuer. Hinzu kommen sinkende Einnahmen. Macht nichts. Denn Bundesbauminister Klaus Töpfer (CDU) hat jetzt wegen des Sparpakets ein Bausparpaket erfunden. Name: „Das junge Haus“. Idee: Billig bauen.
Dazu ein Rechenbeispiel für eine vierköpfige Familie aus dem Hause Töpfer: Wenn das Häuschen nur 350.000 Mark kostet, und die Familie selbst 87.500 Mark löhnt, kostet der Traum von der eigenen Hütte monatlich 1.083 Mark.
Wo will Töpfer beim „jungen Haus“ aber nun sparen? Dazu gab's eine Umfrage: 87 Prozent der Deutschen würden beim Hausbau selbst mit anpacken. Ein kleineres Grundstück kommt in Frage. Auf Sonderausstattungen im Bad oder eine Garage ließe sich auch verzichten.
Anders äußern sich die Deutschen in Sachen Keller. 53 Prozent brauchen ihre unterirdische Rumpelkammer. Dabei könnte man dort einiges sparen. Auf 50.000 Mark schätzt Wolfgang Bayer, Hauptgeschäftsführer des hiesigen Bauindustrieverbandes, die Kosten. Eine wahre Vorbildfunktion nimmt dabei Hartmut Spiesecke ein. Des Bausenators Sprecher hat sich jüngst ein „Häuschen von der Stange“ gekauft - ohne Keller. Sein Rezept: „Den ganzen Krempel, der sonst so im Keller rumfliegt, habe ich weggeschmissen.“ Nur mit den Kartoffeln hatte er seine liebe Not. Die müssen bekanntlich im Dunkeln liegen. Spiesecke fand die Lösung. Die Erdäpfel lagern jetzt unter der Spüle.
Anders Wolfgang Bayer vom Bauindustrieverband: „Ich brauche meinen Keller.“ Vielleicht sei es eine Mentalitätsfrage, sinniert er. Erst seitdem der gebürtige Bayer im Norden wohnt, wisse er von kellerlosen Häusern.
Egal – Töpfer will beim Bauen nun niederländische Verhältnisse einführen. 50 Prozent lägen die Kosten in Deutschland über denen des Nachbarlandes. Die Holländer sparen 20 Prozent durch Rationalisierung der Bauabläufe und fünf Prozent durch weniger kostentreibende Bauvorschriften. Vor allem aber 25 Prozent durch weniger anspruchsvolle Bauweise.
Reduziert sich der Traum vom eigenen Heim also schlichtweg auf die Kellerfrage? Nein, sagt der Minister. Er wirbt für „hohen Vorfertigungsgrad, einfache Bauformen, kleines Grundstück und einheitliche Gebäudekonzepte“. Sprich: das individuelle Fertighaus von der Stange mit Mini-Garten. Fragt sich nur, warum Hartmut Spiesecke auf seinen Keller verzichtet hat?
Warum aber Töpfers immenses Engagement fürs Eigenheim? Wenn jährlich zusätzlich 40.000 Einfamilienhäuser gebaut würden, bringe das 50.000 Arbeitsplätze in der Bauindustrie, so Töpfer.
Wer mehr über Keller, Schwabenhäuser oder Finanzierungskonzepte wissen will, wende sich an das Amt für Wohnung und Städtebauförderung, Breitenweg 24-26, 28195 Bremen. Oder: Bundesbauministerium, Referat Öffentlichkeitsarbeit, Deichmanns Aue 31-37, 53179 Bonn.
Jens Tittmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen