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Regierungsviertel als Hochsicherheitstrakt

■ Planungsstab bereitet im künftigen Regierungsviertel den Bau einer speziellen Polizeiwache vor. Beamte sollen Minister schützen und Demonstranten „betreuen“. SPD und Grüne kritisieren Vorhaben: Bürgernähe werde so unmöglich gemacht

Die Berliner Polizei bereitet sich intensiv auf den Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin vor. Im Regierungsviertel soll deshalb eine spezielle „Regierungswache“ entstehen. Dies bestätigte der Vorsitzende der Berliner Polizeigewerkschaft, Eberhard Schönberg. Der dafür neu zu gründende Polizeiabschnitt 35 soll für die „speziellen Sicherheitsbelange“ der Ministerien zuständig sein: Nicht der Gebäudeschutz oder gar normale Streifengänge – sondern die „Koordination und Betreuung von Demonstrationen“ wird auf dem Aufgabenplan der Regierungswache stehen.

Die Berliner Polizei ergänzt damit die Schutzpläne der Bundesregierung, die ohnehin eine weiträumige Sicherheitszone vorsehen. „Einen Belagerungszustand wird es aber trotzdem nicht geben“, beteuerte Polizeigewerkschaftler Schönberg. Die Ministerien brauchten für ihre Sicherheitsbedürfnisse einfach einen zentralen Ansprechpartner. Sie könnten sich ja schließlich nicht an verschiedene Abschnitte wenden. Für den richtigen Umgang mit den Ministerialen werden die Regierungswachen denn auch eine spezielle Schulung genießen müssen. Der rauhe Berliner Umgangston sei nicht der richtige für das diplomatische Geschäft.

Der Sprecher der Berliner Innenverwaltung, Thomas Raabe, bestätigte, daß es die Überlegungen für eine Wache im Bereich der Direktion 3 gibt und daß für sie Abschnittsgrenzen verändert werden müßten. Weiter verwies Raabe aber auf die Zuständigkeit der Polizei; sie sei jetzt an der Planung. Bei der Polizei hieß es, „solche Überlegungen geistern durch die Gänge“, Konkreteres könne man dazu aber noch nicht sagen.

Dabei ist, so Schönberg, schon beschlossene Sache, daß die höheren und gehobenen Ränge des vor der Auflösung stehenden Polizeiabschnittes 25 am Kurfürstendamm einen Planungsstab für die Regierungswache bilden sollen.

Als Planungsbüro wird das ehemalige Gebäude der Volkspolizei an der Otto-Braun-Straße dienen. Dort wird der „Abschnitt im Aufbau“, so der Fachjargon, in allen Details wie Räumlichkeiten, Technik, Personal, Versorung entworfen.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Hans-Georg Lorenz, bezweifelt die Notwendigkeit einer Regierungswache. „Ob das wirklich erforderlich ist, das muß die Polizei uns erst mal erklären“, sagte er. Grund für seine Skepsis: „Wie es aussieht, wollen sich die Bonner dort sowieso verschanzen, dann müssen wir nicht auch noch einen Polizeikordon darumlegen.“

Norbert Schellberg, rechtspolitischer Sprecher der Bündnisgrünen, wehrt sich gegen einen „Hochsicherheitstrakt Regierungsviertel“, der jegliche Bürgernähe verunmögliche. Auch er hält „eine speziell auf die Bedürfnisse der Ministerien zugeschnittene polizeiliche Planung“ nicht für notwendig.

Viel Planungszeit bleibt nicht: Spätestens wenn die Regierung mit Sack und Pack an die Spree gezogen, ist soll die Wache stehen. Barbara Junge

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