■ Streit um die „Topographie des Terrors“ in Berlin beigelegt: Was Ignatz Bubis sagen darf
Jetzt wirft sie ihre Schatten voraus, die Berliner Republik, mit der Deutschland nach 80 Jahren Verspätung in den Kreis der „normalen“ westlichen Nationalstaaten eintreten will. Sie wird so normal, daß sie sich der Erinnerung an die Nazizeit unter Hinweis auf die Finanzkrise glaubt entschlagen zu können. Nur mit der demokratischen Normalität hapert es noch.
Dabei spielt Berlin, von einer Großen Koalition regiert, den Vorreiter. Mit der zunächst stornierten Finanzierung der Gedenkstätte „Topographie des Terrors“ wollten die Großkoalitionäre angeblich den ohnehin maroden Berliner Haushalt teilsanieren. Dies zeigt, wie die allgemeine Finanzkrise zur Abschaffung von allem und jedem, das schon immer unliebsam war, herhalten muß. Daß von der CDU, in Bund, Land und Gemeinden aller immer wieder behaupteten Sensibilität zum Trotz, hier nichts zu erwarten ist, kann seit Bitburg und der Neuen Wache niemanden erstaunen. Die Berliner SPD ließ sich zunächst auf dieses Spiel ein und beweist, daß auch sie – mit starrem Blick auf rechtsstehende Wählerschichten – längst in der Berliner Republik angekommen ist.
Nun hat der ansonsten stets kompromißbereite Ignatz Bubis unerwartet Krach geschlagen. Das wiederum hat den Fraktionsvorsitzenden der Berliner CDU, Klaus-Rüdiger Landowsky, zu der Bemerkung provoziert, daß Bubis' Vorwürfe geeignet seien, die Berliner Politik „unangemessenem Druck“ auszusetzen. Eine Äußerung, die man sich auf der Zunge zergehen lassen muß: Protestiert ein hochangesehener Teil der Öffentlichkeit – in der Demokratie der Normalfall –, so handelt es sich in Landowskys Augen beinahe um eine Erpressung des Gesetzgebers. Warum? Weil das moralische Gewicht des Holocaust-Überlebenden Bubis offenbar so schwer wiegt, daß er es nur nach Absprache sorgfältig dosiert einsetzen darf. Gleichwohl, diesen Einspruch eines jüdischen Repräsentanten kann man nicht, wie einst in Bitburg, einfach beiseite wischen. Schließlich gibt diesmal kein Ronald Reagan seinen Segen.
Am Ende will es wieder keiner gewesen sein. Um den politischen Flurschaden halbwegs zu beheben, dürfen die Haushaltsexperten wieder ihr böses Zahlenwerk studieren. SPD-Finanzsenatorin Fugmann- Heesing aber hat die unwiederbringliche Chance, zu zeigen, daß sie eine Politikerin und nicht nur eine Buchhalterin ist. Micha Brumlik
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