Stadtteilzentrum ade

■ Opposition empört: Bezirk Mitte segnet Schilleroper als Flüchtlingsunterkunft ab

Baudezernent Peter Gero war schlauer: Er erschien erst gar nicht zur Bezirksversammlung-Mitte. Und so kriegte Amtsleiter Rolf Miller (SPD) am Dienstag die verbalen Gehässigkeiten und die Wut der grün-schwarzen Opposition über die Nutzung der Schilleroper als Flüchtlingsunterkunft allein ab.

„Die billigsten demokratischen Spielregeln“ hätten Miller und Gero verletzt, brüllte der sichtlich aufgebrachte CDU-Chef Hartwig Kühlhorn. Im Bezirk habe „immer“ Konsens darüber geherrscht, daß der Schilleroper-Eigentümer Eberhard Ehrhardt mit einem städtebaulichen Vertrag verpflichtet werden sollte, den rottenden Kulturtempel auf St. Pauli nach 20jähriger Untätigkeit endlich in ein dringend benötigtes Stadtteilzentrum umzubauen. Doch statt mit einem Vertrag warte der Bezirkschef jetzt mit einem „eigenmächtig“ ausgehandelten, „lausigen Papier“ auf: Darin verpflichte sich Ehrhardt zu nichts, könne weiterhin seinen „miesen Geschäften“ mit der Wohnungsnot nachgehen und kassiere dafür auch noch zwei Jahre lang monatlich 53.000 Mark Miete von der Stadt: Das Sozialamt will weiterhin 93 Asylbewerber in den schäbigen Unterkünften unterbringen.

Ob das Sanierungs-Versprechen anschließend eingelöst werde, entziehe sich nunmehr der Kontrolle des Bezirks. Mehr sei dem Besitzer nicht abzuringen gewesen, verteidigte sich der hilflose Bezirksamtsleiter. Im übrigen sei das städtische Risiko „kalkulierbar“: Notfalls, sprang SPDler Markus Schreiber ihm zur Seite, „stehen wir in zwei Jahren eben wie heute da“. Ein „jämmerliches Ergebnis“, schalt GALier Volker Nienstedt. Den Sozis prophezeite er: „Auch Sie wird im nächsten Herbst das Jüngste Gericht ereilen!“ Die Wähler würden sich „diesen Zynismus“, in der Schilleroper Menschen hausen zu lassen, nicht länger bieten lassen.

Die SPD-Abgeordneten schon: Brav bedankten sie sich bei Miller für dessen Verhandlungsungeschick und billigten die umstrittene Nutzung. Bei der – auf Wunsch der CDU namentlichen – Abstimmung hatte denn auch nur Grete Kleist den Mut, ihren stillen Protest als St. Paulianerin mit einer Enthaltung kundzutun. Heike Haarhoff