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Private sollen Pakete schleppen

■ Gewerkschaft Deutscher Postverband droht mit Streik, weil private Firmen zukünftig in 30 Postbezirken Pakete zustellen sollen. 60 Stellen werden abgebaut

Mit Streiks kurz vor Weihnachten hat gestern die Gewerkschaft Deutscher Postverband gedroht: „Wir wollen damit verhindern, daß die Post allein in Berlin und Brandenburg 40 Frachtzustellbezirke privaten Firmen überläßt“, erklärte Michael Klein vom Regionalverband Ost der Gewerkschaft. Betroffen sind die Bereiche Spandau, Reinickendorf, Köpenick, Tempelhof und Britz. Durch die für Januar 1997 geplante Fremdvergabe fallen laut Gewerkschaft 60 Arbeitsplätze weg.

Kündigungen werde es keine geben, beteuerte dagegen Christiane Klaasen, Pressesprecherin der Post AG. In den betroffenen Bezirken gebe es bereits keine festangestellten Zusteller mehr, sondern nur noch Aushilfskräfte. Doch Michael Klein sieht das anders: In den vergangenen Monaten habe die Post systematisch MitarbeiterInnen aus den betroffenen Bezirken herausgedrängt. Der Gewerkschaftler wirft dem Post- Management vor, 1995 durch „massive Fehler“ für 1,4 Milliarden Mark Schulden im Paketbereich gesorgt zu haben. Deshalb falle jetzt, so sein Vorwurf, das Management den eigenen MitarbeiterInnen in den Rücken. „Viele von ihnen hatten bereits einen 10-Stunden-Tag, um ihr Pensum zu schaffen“, erzählt Klein.

Dagegen erklärte der Sprecher der Bonner Generaldirektion der Post AG, Martin Dopychai, die Schulden hätten nichts mit Mißmanagement zu tun, sondern seien eine Folge der schlechten wirtschaftlichen Lage.

Gewerkschafter Klein hält die Vergabe von Bezirken an Fremdfirmen für den Anfang einer „unheilvollen Entwicklung“. Sowohl die MitarbeiterInnen als auch die KundInnen werden seiner Ansicht nach unter der Privatisierung leiden. Dopychai bezeichnete die Teilprivatisierung als „Test“, der lediglich zwei Prozent aller Zustellbezirke betreffe. Die Erfahrungen werden, so kündigte Dopychai an, gründlich ausgewertet, bevor eine weitere Privatisierung erfolge. „Alle privaten Firmen werden kritisch überprüft“, betonte er. Qualitätsstandards wie das Postgeheimnis sollen durch „eine Art Diensteid“ gewährleistet bleiben. Niemand werde „in einem rostigen VW-Bus in der Gegend herumschaukeln“ und Postpakete austragen.

Michael Klein befürchtet dagegen, daß das Postmanagement „blindlings dem Trend zum Outsourcing“ hinterherrennt – und sich dabei vergaloppiert. Das Versprechen, niemanden zu kündigen, sei nur eine „einjährige Schonfrist“. Klein: „1998 wird der Briefdienst liberalisiert. Und dann wird das Privatisierungsproblem weit mehr Arbeitsplätze gefährden.“ Christoph Schäfer

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