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Schoko-Arbeiter streiken sich heiß

■ Erster Arbeitskampf in Hamburg für Lohnfortzahlung. In Europas zweitgrößtem Nestlé-Werk stehen Maschinen still

Hamburg (taz) – Für Kitkat, Smarties und After Eight haben die Mitarbeiter des Nestlé-Werks in Hamburg-Wandsbek derzeit wenig übrig. Glühwein, Gulaschsuppe oder wenigstens ein heißer Schluck Kaffee sind angesagt – denn etwas Warmes braucht der Mensch, wenn er im November streikt. „Egal, was für Wetter – wir müssen da durch“, sind sich Karin Peters und Ismet Öner einig. Die meisten ihrer Kollegen vor dem Werkstor denken genauso. Mit Beginn der Nachtschicht am Sonntag abend um 22 Uhr haben sie die Arbeit niedergelegt, seitdem stehen die Maschinen im zweitgrößten Nestlé-Werk Europas still.

Als erste Arbeitnehmerorganisation will die Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten (NGG) jetzt mit einem bundesweiten Arbeitskampf die Wiederbringung der 100prozentigen Lohnfortzahlung erstreiken. Das Ergebnis der Urabstimmung in der vergangenen Woche war eindeutig: 97 Prozent der gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten in der Süßwarenindustrie stimmten für Streik, nachdem die Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite um die volle Entgeltfortzahlung gescheitert waren.

In Norddeutschland ist Nestlé der erste Betrieb, in dem die Arbeitsniederlegung umgesetzt wird. Gleichzeitig streiken die Beschäftigten der Bahlsen-Werke in Barsinghausen (Niedersachsen) und Lindau sowie die Mitarbeiter des Bonbonherstellers Wissoll in Mülheim/Ruhr. Der Streik ist unbefristet. „Wir rechnen nicht damit, daß er in wenigen Tagen vorbei sein wird“, sagt der Hamburger NGG- Geschäftsführer Lutz Tillack. Man werde solange weiterstreiken, bis die Arbeitgeberseite an den Verhandlungstisch zurückgekehrt sei. „Mit Scheinentgegenkommen werden wir uns nicht zufrieden geben“, stellt Tillack klar. Außer Nestlé soll in den kommenden Tagen noch ein weiterer norddeutscher Betrieb bestreikt werden: der Schokoladenhersteller Van Houten im schleswig-holsteinischen Norderstedt. Bei der dortigen Betriebsführung stehen die Zeichen offenbar bereits jetzt auf Sturm. „Das Management ist sehr nervös, weil die Weihnachtsproduktion noch nicht vollständig ausgeliefert ist“, so der Betriebsratsvorsitzende Gert Werthwein. Er und seine 500 Kollegen haben in den vergangenen Tagen merkwürdige Dinge beobachtet: Eiligst wurden auf der Rückseite der Fabrik Zäune abgerissen, behelfsmäßige Wege angelegt sowie Videokameras und Scheinwerfer installiert. „Man stellt sich wohl auf den Einsatz von Streikbrechern ein“, mutmaßt der Betriebsratsvorsitzende. Damit nicht genug: Ein Teil der bereits fertigen Weihnachtsleckereien für den bunten Teller wurde bereits aus Norderstedt ins mecklenburgische Hagenow evakuiert; in der Nacht zu Montag versammelten sich Teile der Managements zum „Sleep-in“ in der Fabrik. Bislang steht noch nicht fest, wann sich die Belegschaft bei Van Houten den streikenden Kollegen bei Nestlé anschließen werden. Derweil sind die 1.000 Nestlé-Mitarbeiter fest entschlossen, den Streik, wenn nötig, über längere Zeit auszudehnen. „Wir bleiben hart“, sagt Karin Peters, während der erste Schnee auf die Streikenden vor dem Werkstor fällt. Doris Heimann

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