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Gutes Geschäft mit bösem Ende

Einer der größten Steuersünder in der Geschichte Bayerns, der Weinhändler Peter Hauser, ist festgenommen worden. Er hat mit Schalcks KoKo Geschäfte gemacht  ■ Aus Augsburg Klaus Wittmann

Er dürfte die wohl effizienteste „Weinwasch-Anlage“ betrieben haben, die es je gab – der 64jährige Peter Hauser aus der kleinen bayerisch-schwäbischen Gemeinde Fischach (Landkreis Augsburg). Und so wie es aussieht, ist genau dieser seit 1991 per internationalem Haftbefehl gesuchte Peter Hauser den Fahndern ins Netz gegangen.

Verhaftet wurde er, wie erst jetzt bekannt wurde, am Montag abend am schweizerischen Grenzübergang Kreuzlingen-Konstanz am Bodensee. Hauser war offensichtlich auch in der Schweiz unter falschem Namen unterwegs wie zuvor schon in Österreich und in Italien. Bei der Festnahme legte Hauser den Schweizer Behörden einen deutschen Paß, lautend auf den Aliasnamen Manfred Biberstein, vor. Freilich zeigen sich in dieser Sache die Behörden bislang wenig auskunftsfreudig.

Obwohl dies ein ungewöhnlicher und aufsehenerregender Fahndungserfolg der Ermittler ist, will auch der Leiter der Augsburger Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität, Jörg Hillinger, mit Verweis auf das Steuergeheimnis keine näheren Angaben machen. Er bestätigt lediglich, daß es sich bei dem Verhafteten um einen seit Jahren gesuchten 64jährigen Geschäftsmann aus Schwaben handelt. Die ihm zur Last gelegte Steuerhinterziehung stehe im Zusammenhang mit dem deutsch-deutschen Handel.

Wie aus zuverlässiger Quelle zu erfahren war, handelt es sich aber genau um jenen seit Juli 1991 abgetauchten Weinhändler Peter Hauser. Damals hatte es überraschenden Besuch von Zoll- und Steuerfahndern, von Polizei und Staatsanwaltschaft in der Fischacher Firmenzentrale gegeben. Ganz in der Nähe des berühmten Nachbarn Theo Müller („Müller-Milch“), der später noch eine interessante Rolle in dieser Sache spielen sollte, betreibt Hauser seine Wein- und Spirituosenhandlung. Tief unter der Erde lagern, ständig abrufbar, fünf Millionen Liter Wermut – eines der größten europäischen Wermutlager, wie eine Illustrierte nach der Razzia schrieb.

Hauser war kurz vor der Durchsuchung, angeblich nach einem Tip aus Ostdeutschland, in der Schweiz untergetaucht. Laut Ermittlungsbehörde war er wenig später in Zürich gesehen worden. Die Warnung aus dem Osten, daß die Staatsanwälte unterwegs seien, kam nicht von ungefähr. Denn Peter Hauser pflegte beste Kontakte zu seinen Ex-Geschäftspartnern bei Schalck-Golodkowskis KoKo (Kommerzielle Koordinierung). In genau diesem Zusammenhang – mit Hausers DDR-Geschäften – stand die damalige Razzia und die nun erfolgte Festnahme.

Der Vorwurf der Ermittler: Hauser soll in den Jahren 1982 bis 1990 technischen Alkohol und Rohalkohol – deklariert als DDR- Ware – zoll- und abgabenfrei eingeführt haben, was aufgrund des deutsch-deutschen Handelsabkommens möglich war. Doch der Alkohol stammte gar nicht aus der DDR, sondern aus Drittländern. 110 Millionen Mark Eingangsabgaben wären für die Importe fällig gewesen, erklärte nach der Razzia die damalige Leiterin der Augsburger Staatsanwaltschaft. Und dazu noch einmal 10 Millionen Mark Einfuhrumsatzsteuer.

Mit einer vermuteten Steuerschuld von 120 Millionen Mark dürfte der Weinhändler mit den Riesenumsätzen zu einem der größten Steuersünder in der Nachkriegsgeschichte des Freistaates Bayern gehören. Doch der Firmeninhaber konnte den Fahndern entschlüpfen, sich seiner Verhaftung immer wieder entziehen. Sein Neffe, der als Geschäftsführer fungierte, wurde allerdings verhaftet, vier Monate später jedoch gegen eine hohe Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt. Er leitet heute noch die Firmengeschicke.

Der Vorgang kam sogar im Schalck-Untersuchungsausschuß des Bayerischen Landtags zur Sprache. „Der beschuldigte Geschäftsführer wurde am 4. 7. 1991 in Untersuchungshaft genommen und am 13. 11. 1991 gegen ein Kaution von 400.000 Mark entlassen“, hieß es im Bericht des Ausschusses, „nachdem die Firma Müller- Milch am 5. 11. 1991 bestätigt hatte, daß sie sich bemühe, die Firma Hauser aus der Konkursmasse zu kaufen und im Falle einer Übernahme sehr interessiert sei an der Weiterbeschäftigung des bisherigen Geschäftsführers“.

Doch in Fischach und Umgebung sorgte damals nicht nur das Interesse des bekannten Milchmannes Theo Müller für Aufsehen, sondern auch die Person Hausers, der sich schon immer allerbester Kontakte in höchste Kirchenkreise erfreute. Gekrönt wurde dies zwei Jahre vor der großangelegten Durchsuchungsaktion durch eine persönliche Audienz beim Papst.

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