: Unrechts-Anwalt
■ Geldstrafe: Horst Römer hat mit Asylanträgen Menschenhandel unterstützt
Horst Römer meint, sich nicht strafbar gemacht zu haben. In seiner Kanzlei auf der Reeperbahn sei dermaßen viel los, daß er nicht groß habe nachdenken können, ob die Frauen tatsächlich Asyl beantragen wollten. Gesprochen habe er meist mit deren Begleitern. Für 50 Mark formulierte er dann einen sehr knappen Asylantrag. Und setzte ein Schreiben auf, das besagte, daß die mitführende Person noch binnen zwei Wochen die für ein Asylverfahren notwendigen Unterlagen zusammentragen wolle – vorzuzeigen bei Personenkontrollen. Diese Schreiben wurden mehrfach erneuert, wieder gegen Cash.
Horst Römer hat sich strafbar gemacht. Wegen Beihilfe zum Einschleusen von Ausländern verurteilte ihn das Amtsgericht gestern zu einer Geldstrafe von 9.600 Mark. Mit seinem „juristisch irrelevanten“ Schreiben habe er Anfang 1995 den illegalen Aufenthalt der jungen Frauen aus Bulgarien – und deren Ausbeutung als Prostituierte – erleichtert. Bei Kontrollen in verschiedenen Bordellen und „Clubs“ waren den Polizisten diese Schreiben häufig vorgelegt worden. Bei ihrer Vernehmung hatten die Frauen dann ausgesagt, gar keinen Asylantrag stellen zu wollen. Die anderen Mädchen hätten sie zu Römer geschickt – damit die Papiere irgendwie in Ordnung kommen.
Als eine Art Paßersatz diente das anwaltliche Schreiben – um den Verdacht auf illegalen Aufenthalt zu entkräften. Zunächst erfolgreich, bestätigten Polizisten. Diese Wirkung habe Römer zumindest billigend in Kauf genommen, sagte der Richter in der Urteilsbegründung. Er habe gewußt, daß Asylanträge von bulgarischen Staatsangehörigen kaum Aussicht auf Erfolg hätten. Und habe wissen können, daß dies auch gar nicht Sinn der Sache gewesen war. So werde die organisierte Kriminalität geschützt.
Bei Razzien in Bordellen werden den Polizisten auch jetzt noch entsprechende Schreiben von Römer vorgelegt. Keine der Frauen arbeitet freiwillig dort, sagte ein Beamter und zeigte sich über das „milde Urteil“ empört. Bereits vor einigen Jahren hatte die Staatsanwaltschaft beantragt, Römer die Vertretung von Asylbewerbern zu verbieten, da sich Beschwerden von Mandanten und Behörden häuften. Der Antrag war vom Ehrengerichtshof für Rechtsanwälte abgelehnt worden.
Stefanie Winter
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