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Helmut, wir danken Dir!

■ Keiner hätte gedacht, daß Deutschland ein zweites Nachrichtenmagazin brauchen würde. Geburtstagskind Helmut Markwort (60) bewies uns allen das Gegenteil

Am Sonntag feiert Helmut Markwort, Chefredakteur des neumodischen Nachrichtenmagazins Focus, seinen 60. Geburtstag. Der taz wurde durch Willi Winkler der Text der Festansprache zugespielt, die Dr. Hubert Burda im Herkulessaal der Münchner Residenz auf den rüstigen Jubilar halten wird.

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Liebe Festgemeinde, mein lieber Helmut,

als ich vor einigen Jahren in meinem zweistrahligen Privatjet von München aus in unser Stammhaus nach Offenburg flog und den Blick so über die oberbayerischen Seen und die Schwäbische Alb, den Schwarzwald und die Rheinebene schweifen ließ, hatte ich plötzlich eine Vision: Was wäre, und ich beeilte mich natürlich, diesen Gedanken in mein „Gedanken“-Buch einzutragen, was wäre, wenn das alles eins und meins wäre?

Dazu brauchte ich freilich einen starken Partner. Meine Mutter Aenne hat mit ihren Schnittmustern den Grundriß für den Wiederaufbau nach dem Krieg vorgezeichnet, und mein Vater, der verstorbene Senator, brachte den Glanz des Schah-in-Schah und seiner Farah Diba in kleindeutsche Hütten – die Latte für mich war also doch ziemlich hoch gehängt.

Sie alle kennen ja meinen Vorstoß in den Osten an der Seite meines Freundes Rupert Murdoch, aber letztlich mußte das future project, das mir mit Super! vorschwebte, an der Mißgunst der deutschen Intelligentsia scheitern.

Es ist noch gar nicht so lange her, da wußten die Herrschaften von der linksgrünen Skandalpresse in Hamburg ganz genau, daß Deutschland kein zweites Nachrichtenmagazin brauchte. Sie hatten ja ihren Spiegel, und wem die Spiegel-Häme immer noch nicht genügte, der konnte sich beim Stern auspeitschen oder bei der Zeit wenigstens kräftig an den Ohren nehmen lassen.

Was muß das für ein Leben sein bei diesen Hamburger Miesepetern, die ihren ganzen Ehrgeiz darein setzen, die Welt schlecht zu finden und sie jeden Tag noch ein kleines bißchen schlechter zu machen? Und dann mußten sie sich auch noch dick tun in ihrem Dauergenörgel und glaubten allen Ernstes, diese angeblich so schlechte Welt gehöre ihnen allein.

Hochmut kommt vor dem Fall, wie mich mein verstorbener Vater, der Senator, lehrte, und wir beide, du, Helmut, und ich, wir haben die Hamburger Hochmütigen das Fürchten gelehrt. Sie alle hier wissen es, daß Deutschland inzwischen ein zweites Nachrichtenmagazin hat und die big points mittlerweile in München gemacht werden.

Meine Vision beim Flug über Süddeutschland, daß alles eins sein müßte und alles meins, ist mit Helmut Markworts Hilfe in Erfüllung gegangen. Ich brauche hier Helmuts Leistungen gar nicht im einzelnen aufzuzählen, seine histrionischen Interludes als Dummback in der Posse „Datterich“ oder in unseren vielfach ausgezeichneten Werbeclips mit den Focus-Themen der nächsten Ausgabe; seine Talente, Meldungen aus der Süddeutschen Zeitung abzuschreiben und sie Wochen später im Focus exklusiv zu präsentieren; seine allwöchentlich gepflegte Kunst der aphoristischen Zuspitzung im „Tagebuch“, die ihm schon längst einen Platz zwischen La Roche-Foucault und Johannes Gross gesichert hat; und schließlich sein unbezahlbarer Einsatz als Klimaanlage für gute Laune in der Redaktion. Focus- Redakteure verdienen zwar nicht sehr viel, aber sie sind wenigstens glücklich dabei.

Ich will Ihnen gern erzählen, wie ich auf meinen wichtigsten content-provider aufmerksam wurde. Hans Magnus Enzensberger, dem wir eine vernichtende Kritik der Sprache des Spiegel verdanken, die seit je zu meinem intellektuellen Make-up gehört, hat vor geraumer Zeit das Fernsehen als Null-Medium definiert. Helmut Markwort war damals Chefredakteur von Ein Herz für Tiere und vor allem von Gong, und ein höchst erfolgreicher dazu.

Wenn, so habe ich mir gesagt und den Satz gleich in mein „Gedanken“-Buch eingefügt, wenn jemand in der Lage ist, alle 14 Tage eine umfangreiche Zeitschrift über das Null-Medium Fernsehen herauszubringen, randvoll mit News, Infos, Bildern und graphischen Elementen, dann ist das genau der Mann, um ein Null- Magazin über die ganze Welt zu machen. Es war (muß ich es eigens betonen?) der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Focus ist unser Baby.

Stoßen Sie deshalb mit mir auf unser Geburtstagskind Helmut Markwort an. Wir beide wissen, daß Focus nur ein erster Schritt sein kann: der leere Raum wartet auf global players wie uns.

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