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Angst vor Klein-Bonn in der Mitte

■ In Kreuzberg, Tiergarten und Mitte regt sich Protest gegen die geplante Zusammenlegung zum großen Hauptstadtbezirk. Sonderrechte der Regierung könnten Bürgerbeteiligung untergraben

In Mitte, Tiergarten und Kreuzberg geht die Angst vor dem „Hauptstadtbezirk“ um. „Wenn die drei Bezirke tatsächlich zusammengelegt werden, wird die Berliner Mitte zum Klein-Bonn“, warnt die Baustadträtin von Mitte, Karin Baumert (parteilos, PDS-Mandat). Bebauungspläne, Baugenehmigungen, Verkehrsplanung und die soziale Infrastruktur würden grundsätzlich zu Fragen von „überregionaler Bedeutung“.

Das habe zur Folge, befürchtet Baumert, daß die Entmachtung der Bezirke, wie sie im Hauptstadtvertrag für die drei Hauptstadtbereiche (Spreebogen, Spreeinsel, Wilhelmstraße) bereits festgelegt ist, für das gesamte Gebiet des zusammengelegten Bezirks gelten würde. In der Kreuzberger Bezirksverordneten-Versammlung brachten die Grünen einen Antrag gegen die Gebietsreform ein.

Gemäß der Vorlage zur Gebietsreform, die heute im Senat zur Abstimmung steht, sollen die 23 Bezirke zu zwölf Einheiten verschmolzen werden. Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) geht davon aus, daß die drei Innenstadtbezirke dabei eine Sonderrolle spielen. Der „Hauptstadtbezirk“, heißt es in seinem Papier, werde „ein einheitlicher, großer Bezirk“ als „Partner“ des Bundes sein.

Für „pure Augenwischerei“ hält der Tiergartener Baustadtrat Horst Porath (SPD) das Wort von der Partnerschaft. Mit einem Hauptstadtbezirk würde die Bürgerbeteiligung mehr noch als bisher zurückgefahren werden. „Was das bedeutet“, so Porath, „sieht man schon an Projekten, bei denen nur der Senat das Sagen hat.“

Wie seine Kollegin aus Mitte würde sich der Tiergartener Baustadtrat außerdem nicht wundern, wenn als Ergebnis der Gebietsreform lediglich die drei Innenstadtbezirke Mitte, Kreuzberg und Tiergarten zusammengelegt würden, die übrigen 20 Gebiete aber ihre Eigenständigkeit behielten.

Baustadträtin Baumert hält die Zusammenlegung von Mitte, Tiergarten und Kreuzberg sogar für das „eigentliche Ziel der Gebietsreform“. Als Ausgleich dafür, im Regierungsbereich aufräumen zu können“, so Baumert, „werden den Bürgern dann ein paar zusätzliche Wohngeldstellen versprochen.“

Im Hause von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) wird allerdings bestritten, daß es eine Kompromißlinie gebe, die besagt: Die Außenbezirke – und damit auch die Machtbasis der Bezirkspolitiker – bleiben unangetastet, während man im Regierungsbereich die dezentralen Verwaltungen entmachtet. „Uns geht es nicht um Planungsfreiheit, sondern um mehr Demokratie“, sagte der persönliche Referent von Senator Strieder, Philipp Mühlberg. Nach Ansicht der Stadtentwicklungsverwaltung sollen deshalb nicht nur, die Berliner zur Volksabstimmung schreiten, sondern auch die Parteimitglieder zu einer Mitgliederbefragung. „Eine Frage von derart grundlegender Bedeutung“, sagte Stadtentwicklungssenator Strieder, müsse der gesamten Mitgliedschaft zur Willensbildung vorgelegt werden. Uwe Rada

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