: Seidlers Freiheit erneut vor dem BGH
■ Bundesanwaltschaft will Haft für angeblichen RAFler
Bonn (taz) – Der angebliche RAF-Terrorist Christoph Seidler muß um seine Freiheit fürchten. Voraussichtlich Mitte kommender Woche wird der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) über eine Beschwerde des Generalbundesanwalts gegen die Aufhebung des Haftbefehls entscheiden. Dies teilte gestern die Pressestelle des BGHs in Karlsruhe auf taz-Anfrage mit. Die von der Bundesanwaltschaft eingelegte Beschwerde sei gestern beim Strafsenat eingegangen.
Eine Begründung für den jetzigen Vorstoß blieb die Bundesanwaltschaft schuldig. Die stellvertretende Sprecherin der Bundesanwaltschaft, Frauke Scheuten, verwies auf Äußerungen des Generalbundesanwalt Kay Nehm in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Darüber hinaus gebe es keine Einzelheiten.
Christoph Seidler, angebliches Mitglied der Terrorgruppe Rote Armee Fraktion (RAF), hatte sich Ende November den Behörden gestellt, nachdem jahrelang nach ihm wegen einer möglichen Beteiligung am Mord an dem früheren Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, gefahndet worden war. Ende 1989 war Herrhausen einem RAF-Attentat zum Opfer gefallen. Nach einer langen Vernehmung hatte der Ermittlungsrichter beim BGH Ende November den Haftbefehl aufgehoben, da kein dringender Tatverdacht mehr bestehe.
Seidler hatte behauptet, während des Herrhausen-Attentats im Libanon gewesen zu sein. Dieses Alibi hält Nehm jedoch nicht für „lückenlos“; es bestehe „zweifellos ein hinreichender Tatverdacht“. Nicht nachvollziehbar sei, warum Seidler untergetaucht sei. Nach wie vor hält Generalbundesanwalt Nehm an dem Kronzeugen Siegfried Nonne fest. Dieser hatte behauptet, mit Seidler das Attentat vorbereitet zu haben.
Nonne ist jedoch seit längerem in psychiatrischer Behandlung und war drogenabhängig. Auf den dubiosen Charakter Nonnes angesprochen, sagte Nehm: „Der Staatsanwalt kann sich seine Zeugen nicht aussuchen.“ Philipp Gessler
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen