: Wir müssen leider draußen bleiben!
■ Große Koalition verhandelt in Finanzdeputation hinter geschlossenen Türen über Bürgerantrag zu Gewoba-Verkauf
Es war alles beschlossene Sache: Die Wohnungsbaugesellschaften Gewoba und Bremische werden privatisiert. Wenn es da nicht die BürgerInnen gäbe. Die hielten sich einfach nicht daran, gingen auf die Barrikaden und brachten einen Bürgerantrag vors Parlament. Und siehe da. Auf einmal mußte sich die Bürgerschaft schon wieder mit dem leidigen Thema beschäftigen.
Wie sie das jetzt machten, die Volksvertreter, hatten sich die Antragsteller, sprich das Volk, wahrscheinlich nicht träumen lassen. Flugs überwies die große Koalition das Thema in die Ausschüsse. Und die tagen unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Zwar stellte die Fraktion von Bündnis 90/Grüne einen Antrag, die Sitzung öffentlich abzuhalten. Das aber lehnten die Koalitionäre ab. Nur drei Vertreter der Bürgerini wurden zugelassen.
Offizielle Begründung der SPD: „Wir hätten nichts gegen die Öffentlichkeit gehabt. Aber wir halten uns an den Konsens in der Koalition. Und die CDU wollte keine Öffentlichkeit. Also haben wir auch Nein gesagt“, erklärte SPD-Fraktionschef Christian Weber. Wolfgang Schrörs, finanzpolitischer Sprecher der CDU, erklärte: „Per Gesetz finden die Deputationen unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt. Wir haben keinen Anlaß gesehen, das jetzt zu ändern. Außerdem wird das Thema noch in der Bürgerschaft behandelt. Daran kann dann jeder teilnehmen.“
Dieter Mützelburg, Fraktionssprecher der Grünen, sagte dazu: „Ich hätte mir eine schönere Premiere für den ersten Bürgerantrag gewünscht. Das Thema ist zu ernst, um es als Pflichtübung abzuhandeln.“ Es sei deutlich geworden, daß die Hoffnung der SPD, durch Gestaltung des Verkaufsvertrages das Schlimmste zu verhindern, nur als Beruhigungspille diene. „Der Verkauf wird zweifelsfrei zu Mietsteigerungen führen; ein dicker Teil davon wird im Sozialhaushalt landen“, so Mützelburg.
Eine große Befürchtung der Initiative für den Bürgerantrag sind laut Sprecher Helmut Engelmann Mietsteigerungen. Er sagte gestern vor der Finanzdeputation: „Für uns wird sich die Geschäftspolitik der Bremischen und der Gewoba so entscheidend ändern, daß Mieterhöhungen und andere Nachteile für die Mieter gar nicht ausbleiben können. Es liegt auf der Hand, daß sich die Unternehmen künftig stärker nach wirtschaftlichen Grundsätzen orientieren müssen.“
Anschließend rechnete Engelmann den Finanzdeputierten vor, welche unglaublichen Gewinnmargen aus der Bremischen bei einem Verkauf für 100 Millionen Mark herausgeholt werden müßten, um dies einem potentiellen Investor schmackhaft zu machen. „Es müßte ein Gewinn von über 30 Prozent erzielt werden, um auf ein Kapital von 100 Millionen Mark fünf Millionen Mark Gewinn auszuzahlen.“ Vor diesem Hintergrund befürchtet er eine Senkung der Ausgaben zu Lasten der MieterInnen. Ein Unterbleiben von Modernisierungs- und Instandsetzungskosten sei zu erwarten. „Für uns ist völlig klar“, sagte er weiter, „jede Möglichkeit wird ausgenutzt werden. Der Investor wird verlangen, daß alle Mieterhöhungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden.“ Engelmanns düsteres Fazit für Bremen. „Die Höhe der Sozialleistungen wird enorm steigen.“ jeti
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