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Im Äther ist die Luft dünn

Das Radio Multikulti will der SFB erhalten. Am Geld der Medienanstalt Berlin- Brandenburg, den Sender weiterzuführen, fehlt es aber noch  ■ Von Monika Hinner

Für Radio Multikulti des Senders Freies Berlin (SFB) wird die Luft dünn. Der SFB ist nach Aussage seines Sprechers Thomas Strätling entschlossen, Radio Multikulti weiterzuführen. Er könne aber noch nicht sagen, wie dies ohne die Gelder der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) bewerkstelligt werden soll. In seiner Sitzung vom Montag bestätigte der Medienrat, Beschlußgremium der MABB, daß es bei der Dezemberzahlung von 1,2 Millionen Mark bleibe. Der SFB hatte eine Überweisung von 2,6 Millionen Mark aus MABB-Überschüssen von 1995 erwartet. „Wegen der erheblich geringeren Überweisung fehlt uns 1997 Geld für Radio Multikulti“, sagte Strätling.

Statt dessen hat der Medienrat erklärt, eine Rücklage zum Aufbau eines digitalen Sendezentrums bilden zu wollen. Der SFB habe aus der Praxis der vergangenen Jahre durchaus mit einer Überweisung rechnen können, meint Alice Ströver, medienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.

Mittlerweile ist zwischen der MABB und dem SFB ein Streit entbrannt. Der SFB-Sprecher dementierte, daß der Sender aus früheren MABB-Überweisungen Rücklagen in Höhe von sechs Millionen Mark angehäuft habe. Diesen Vorwurf erhebt der Medienrat gegen den SFB. Laut der Erklärung des Medienrates hat die MABB von 1992 bis 1996 mehr als neun Millionen Mark an den SFB überwiesen.

Der Jahresabschluß des SFB von 1995, so MABB-Sprecherin Susanne Grams, gebe über die Verwendung von sechs Millionen Mark dieser Zahlung keine Auskunft. „Wir nehmen an, daß dieses Geld beim SFB noch da ist“, erklärte Grams. Folglich dürfe der SFB bei der Finanzierung von Radio Multikulti keine Schwierigkeiten haben. Inzwischen hat der Medienrat eine Rechnungshof-Sonderprüfung angeregt, um bei der MABB die Rücklagenbildung und beim SFB die Überschußverwendung zu überwachen.

Die MABB ist als eigenständige öffentlich-rechtliche Einrichtung für die Zulassung von Frequenzen und die Kontrolle des privaten Rundfunks zuständig. Sie erhält für ihre Aufgaben zwei Prozent der Rundfunkgebühren der Länder Berlin und Brandenburg. Laut Medienstaatsvertrag ist die MABB verpflichtet, alle Überschüsse, die sie nicht in Rücklagen überführt, an ORB und SFB weiterzuleiten. Die Grünen fordern, daß die Aufgaben der MABB im Medienstaatsvertrag klarer definiert werden. „Ein digitales Sendezentrum zu bauen ist Aufgabe der privaten Wirtschaft und nicht der MABB“, begründet dies Ströver. Eine andere Auffassung vertritt die MABB: „Wir sind vom Gesetzgeber beauftragt, die digitale Technik zu fördern“, betont Grams.

Aus den Überschüssen der MABB wurde die SFB-4-Welle Radio Multikulti bisher teilweise finanziert. Der SFB habe für Radio Multikulti bisher jährlich rund sechs Millionen Mark aufgebracht, erklärte SFB-Intendant Günther von Lojewski in der jüngsten Sitzung des medienpolitischen Ausschusses des Abgeordnetenhauses. Wieviel letztlich fehlt, könne zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beziffert werden, ergänzt Strätling. Ströver geht von einem Betrag von rund 1,2 Millionen Mark für die Welle mit dem Werbespruch „Die ganze Welt am Ende der Skala“ aus.

Im September 1997 endet die dreijährige Probephase für die multikulturelle Hauptstadtwelle. Ohne die MABB-Gelder wäre jedoch schon „im Sommer“ Sendeschluß, befürchtet Ströver, was sie als „verheerend für das Image Berlins“ einschätzt.

Für sein Konzept, zur Integration verschiedener ethnischer Gruppen in Berlin beizutragen, hat SFB4 verschiedene Auszeichnungen erhalten, beispielsweise von der Unesco als deutscher Beitrag zur Weltdekade für kulturelle Entwicklung. Neben Deutsch sendet Multikulti in fast 20 Sprachen: von Arabisch über Finnisch bis Vietnamesisch.

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