Reemtsma will nicht vergeben

■ Entführter erkennt die beiden Angeklagten nicht wieder. Drahtzieher sprach von „De-Luxe-Kidnapping“

Hamburg (taz) – Erstmals trat Jan Philipp Reemtsma gestern im Prozeß gegen seine Entführer in den Zeugenstand. Der 44jährige Philologe und Leiter des Hamburger Instituts für Sozialforschung war im vergangenen Jahr 33 Tage lang angekettet in einem Keller bei Bremen festgehalten worden. Eine Stunde lang berichtete das Opfer teilweise aufgewühlt über eine Zeit, die er nicht mehr aus seinem Leben tilgen könne. Reemtsma gab auch den Zynismus des mutmaßlichen Kopfes der Entführung, Thomas Drach, zu Protokoll. Der hatte ihm auf den Wunsch, das Kidnapping nicht auch anderen Leuten anzutun, lapidar mitgeteilt: „Sie hatten doch eine De-Luxe-Version.“

Reemtsma belastete in seiner Aussage aber nicht die Angeklagten, den mehrfach vorbestraften Wolfgang Koszics und den Leverkusener Handelsvertreter Peter Richter, an der Entführung selbst teilgenommen zu haben. In den Staturen der beiden könne er wahrscheinlich nicht die Maskierten wiedererkennen, die ihn überfallen und verschleppt hatten.

Nach wie vor hält Reemtsma als Nebenkläger aber daran fest, daß Peter Richter nicht nur eine Randfigur in der Entführergruppe war. Er will, daß der zuletzt fast schnippisch aussagende Angeklagte nicht nur wegen Beihilfe, sondern, wie Koszisc auch, der Mittäterschaft angeklagt und verurteilt wird. Nach Thomas Drach wird immer noch weltweit gefahndet. Richter und Koszics stilisierten sich zuletzt als sein Opfer. (...) JaF

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