: Jüdisches Museum wird gekürzt
■ 1997 soll der Libeskind-Bau statt 20 Millionen Mark nur 12,4 Millionen erhalten. Senat verschiebt Finanzmittel zur „Topographie des Terrors“. Bündnisgrüne sprechen von „beispielloser Instinktlosigkeit“
Die vom Senat beschlossene „Nachschiebeliste“ setzt bei der Erweiterung des Berlin Museums in der Lindenstraße kräftig den Rotstift an. Statt der geplanten 20 Millionen Mark zur Finanzierung der Baumaßnahmen in diesem Jahr soll das Jüdische Museum von Daniel Libeskind 1997 nur noch 12,4 Millionen an Zuschüssen erhalten. Die „Kürzung“, heißt es in dem Titel des Nachtragshaushalts, der der taz vorliegt, soll „zugunsten des Besuchs- und Dokumentationszentrums Topographie des Terrors“ verwandt werden. In die 10 Millionen Mark teure „Topographie“ will der Senat 5 Millionen Mark investieren. Die andere Hälfte soll vom Bund aufgebracht werden, der jedoch die Mittel bis dato dem Land Berlin nicht zugesagt hat.
Mit der Verschiebung der Gelder löst der Senat zwar seine Zusage ein, die „Topographie“ auf dem Gelände des einstigen Gestapo-Hauptquartiers zu bauen. Zugleich bedeutet die Streichung von 7,6 Millionen Mark für den Libeskind-Bau eine mögliche Streckung. Der Sprecher der Kulturverwaltung, Axel Wallrabenstein, sagte gestern, daß der Ausgleich über eine Reduzierung der Arbeiten beim Jüdischen Museum erreicht werde. Es gebe jedoch die klare Aussage der Bauverwaltung, daß die Verringerung der Finanzmittel die Fertigstellung des Museums nicht beeinträchtigen werde. „Es gibt keine Verzögerung“, betonte Wallrabenstein. Außerdem sprach er nur von „5 Millionen Mark auf der Nachschiebeliste“.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bildet dagegen „diese Verschiebung von Investitionsmitteln von einem Bau zum nächsten eine beispiellose politische Instinktlosigkeit“. Alice Ströver, kulturpolitische Sprecherin der Partei, und die grüne Finanzexpertin Michaele Schreyer äußerten die Befürchtung, daß durch die Kürzung der Gelder für den Libeskind-Bau das über die Stadtgrenzen hinaus bedeutsame Projekt zum Skandalprojekt werde.
Der Senat benutze nicht nur die Kulturbauten als Sparmaßnahmen, erklärten die Bündnisgrünen. Vielmehr zeige sich, daß sich der Senat beim Andenken an die Opfer der Nazis und der Förderung des jüdischen Lebens blamiere. Auch Amnon Barzel, Direktor des Jüdischen Museums, warf dem Senat Unfähigkeit vor.
Es sei bis dato keine Entscheidung getroffen worden, welches Programm der Museumsbau einmal erhalten werde. Die Pläne des Jüdischen Museums, im Untergeschoß eine Ausstellung „zwischen Holocaust und Exil“ zu präsentieren, würden vom Direktor des Berlin Museums abgelehnt, der andere Vorstellungen verfolge. Rolf Lautenschläger
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