: Justizminister beraten über Sexualstrafrecht
■ In einem Kamingespräch wird heute über eine Verschärfung abgestimmt
Berlin (taz) – Eine Sonderkonferenz der Justizminister der Länder und des Bundes wird heute in Bonn über die Änderung des Sexualstrafrechts beraten, das mittlerweile alle Länder und auch Bundesjustizminister Edzard Schmidt- Jortzig verschärfen wollen. Auf der Tagesordnung der „Kaminkonferenz“ am Abend, zu der auf Anregung Bayerns der saarländische Justizminister Arno Walter kurzfristig eingeladen hatte, steht offiziell nur der bayerische Gesetzentwurf „Zur Verbesserung des Schutzes der Gesellschaft vor gefährlichen Straftätern“. Dieser Entwurf will unter anderem die Höchststrafe für besonders schwere Fälle des Kindesmißbrauchs auf 15 Jahre heraufschrauben. Außerdem sollen Kindesmißbrauch, Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung mit Todesfolge nach den Vorstellungen Bayerns auch dann mit „lebenslänglich“ bestraft werden können, wenn die Tat vom Gericht nicht als vorsätzlicher Mord bewertet wird.
Ein Sprecher des bayerischen Justizministeriums erwartete gestern allerdings auch, daß der Bundesjustizminister heute abend den Kollegen aus den Ländern seine Vorstellungen zur Verschärfung des Sexualstrafrechts darlegen wird. „Alle Länder sehen hier inzwischen dringenden Handlungsbedarf“, sagte der Ministeriumssprecher. Sinn des Kamingesprächs sei die Abstimmung der Vielzahl von Initiativen zum Sexualstrafrecht, das Bundestag und Bundesrat nur gemeinsam ändern könnten.
Bundesjustizminister Schmidt- Jortzig hatte sich in der vergangenen Woche mit den Rechtspolitikern der Bonner Regierungsfraktionen auf einen „Maßnahmekatalog zum Schutz von Kindern vor Sexualstraftätern“ verständigt, den heute die Länderkollegen absegnen sollen. Dieser Katalog übernimmt die bayerischen Vorschläge zur Heraufsetzung der Höchststrafe bei Kindesmißbrauch auf 15 Jahre oder sogar „lebenslänglich“.
Anders als der bayerische Justizminister Hermann Leeb, der das Wort „Resozialisierungseuphorie“ gern im Munde führt, will Schmidt-Jortzig allerdings auch die Therapie von Sexualstraftätern verbessern. So will der Bundesjustizminister künftig die Aussetzung einer Reststrafe zur Bewährung von einer Therapie des Täters abhängig machen. Allerdings will auch Schmidt-Jortzig generell Hürden für eine vorzeitige Haftentlassung erhöhen: Die Aussetzung einer Reststrafe zur Bewährung soll nur noch statthaft sein, „wenn dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann“. Außerdem will Schmidt-Jortzig künftig auch Täter, die bei der Tat nicht schuldunfähig waren, in den Maßregelvollzug der Landeskrankenhäuser einweisen und Sicherungsverwahrung – also das weitere Einsperren nach Strafverbüßung zum Schutz der Allgemeinheit – früher verhängen: Sie soll nun bereits beim ersten Rückfall eines Sexualstraftäters drohen.
Gegen die Heraufsetzung der Höchststrafe für Kindesmißbrauch wandte sich gestern der hessische Justizminister Rupert von Plottnitz. Allerdings will auch er die Mindeststrafe für einfache Fälle von Kindesmißbrauch von heute einem halben Jahr auf ein Jahr heraufgesetzt sehen. Ein spezielles „lebenslänglich“ für Sexualstraftaten mit Todesfolge lehnt von Plottnitz ab. Jürgen Voges
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