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Juristen sollen billiger und weniger werden

■ Jura als klassisches Massenfach an den Universitäten ist auf lange Sicht gefährdet

Freiburg (taz) – RechtsrefendarInnen könnten bald mit einem Taschengeld abgespeist werden. Dagegen protestierten am Wochenende 200 TeilnehmerInnen einer Fachtagung des Bundesarbeitskreis kritischer Juragruppen (BAKJ) in Freiburg. Bisher wird die zweite Phase der juristischen Ausbildung im Beamtenverhältnis abgewickelt, die ReferendarInnnen erhalten 1.500 Mark im Monat. Jetzt gab der Bundestag den Ländern jedoch die Möglichkeit, diese Bezüge stark zu kürzen.

Voraussetzung dafür ist, daß sich die Länder dafür entscheiden, die praktische Ausbildung der AnwältInnen außerhalb des Beamtenverhältnisses abzuwickeln. Ein aktueller Vorschlag des Landes Nordrhein-Westfalen würde laut Manager-Magazin zu einer Kürzung der Gehälter auf nur noch 800 Mark pro Monat führen. „Die Referendare wären neben ihrer hohen Lern- und Arbeitsbelastung auf eine Nebentätigkeit angewiesen, wenn sie keine Unterstützung aus dem Elternhaus erhalten“, kritisiert BAKJ-Sprecher Stefan Söder. „Dies erhöht die soziale Auslese zu den juristischen Berufen.“

Doch die kritischen NachwuchsjuristInnen befürchten, daß dies nur der Auftakt zu weiteren Verschlechterungen sein wird. In Bayern fordert man bereits, das Referendariat, das den Staat derzeit bundesweit eine Milliarde Mark pro Jahr kostet, weitgehend abzuschaffen. Die Begründung: Nur noch zehn Prozent der ausgebildeten JuristInnen finden eine Anstellung im Staatsdienst – als RichterIn, StaatsanwältIn oder VerwaltungsbeamtIn. Fast alle anderen werden – notgedrungen – AnwältIn. Um deren Ausbildung sollen sich, so der Vorschlag, die AnwältInnen selbst kümmern.

Diesem Wunsch würden die AnwältInnen gern nachkommen. Denn die bisherige Ausbildung ist ganz auf den RichterInnenberuf ausgerichtet. Sie fordern eine spezifische Anwaltsausbildung. Allerdings hegt die Anwaltschaft dabei auch unedle Hintergedanken: Die eingessessenen AdvokatInnen haben nämlich Angst vor der Konkurrenz des Nachwuchses. Aus derzeit 80.000 AdvokatInnen könnten bald 100.000 werden. Sind die AnwältInnen erst einmal für die Ausbildung der Newcomer zuständig, können sie auch den Zugang zu ihrem Berufsstand regulieren. Ein Modell der Nürnberger Anwaltskammer sieht zwischen Uni und Kanzlei eine „Anwaltsakademie“ vor. Mittels zahlreicher Prüfungen soll ausgesiebt werden – ohne Bezahlung. Stefan Söder vom BAKJ: „Das ist eine Kriegserklärung an unsere Generation.“

Konsequenterweise soll auch an der vorgeschalteten universitären Ausbildung die Axt angesetzt werden. Die Zugangsbedingungen sollen verschärft werden, ganze Fakultäten geschlossen. Damit holt die ökonomische Krise mit Verspätung auch die JuristInnen ein. Anfang der Neunziger dienten noch Justiz und Verwaltung Ostdeutschlands als Auffangbecken. Doch zur Schadenfreude besteht kein Anlaß. Jura ist mit derzeit 110.000 Studierenden das Massenfach per excellence. „Wird die juristische Ausbildung wieder zur elitären Nische des Großbürgertums, dann ist das der Anfang vom Ende der Massenuniversität“, betont der Frankfurter BAKJ-Aktivist Florian Rödl. Christian Rath

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