piwik no script img

Kampfkraft zerfällt

■ Rußlands Armee ist wegen akuter Finanznot nur bedingt einsatzbereit

Moskau (dpa/taz) – Die russischen Atomraketen könnten angesichts der katastrophalen Finanzlage der Streitkräfte unkontrollierbar werden. Davor hat Rußlands Verteidigungsminister Igor Rodionow gestern gewarnt. Rodionow und der Leiter des Verteidigungsrates, Juri Baturin, erklärten, daß Rußlands Verteidigungsfähigkeit wegen der schlechten Finanzlage gefährdet sei. 1997 würden die Streitkräfte weiter von 1,7 Millionen auf 1,5 Millionen Mann reduziert. Rodionow sagte, in einiger Zeit könnten Raketen und Atomsysteme „unsteuerbar“ werden. Dies seien seine ernsten Befürchtungen. „Noch arbeiten alle Steuerungsanlagen der Raketen normal“, fügte er hinzu. Die russischen Truppen seien nach Einschätzung westlicher Geheimdienste aber nicht kampfbereit. „Das Schlimmste ist, daß ich als Verteidigungsminister Rußlands diese Prozesse nur beobachten und nichts dagegen machen kann.“

„Das Faktum der Nato-Erweiterung kann bei der Vorbereitung der Militärdoktrin Rußlands nicht umgangen werden, deren Ausarbeitung erst am Anfang steht“, unterstrich Baturin. Die Nato-Erweiterung könnte sich auf die grundsätzlichen Bedingungen der Militärdoktrin auswirken. Baturin beschrieb drei Etappen für die geplante Militärreform. Bis zum Jahr 2000 sollte in einem ersten Schritt die Zahl der Soldaten weiter abgebaut werden. In der zweiten Etappe (2001 bis 2005) müßten die Ausgaben für die Kampfbereitschaft der Truppe erhöht werden. Für die dritte Etappe (2005 bis 2010) werde eine „massive Umrüstung“ ins Auge gefaßt, um die russische Streitmacht zu sichern.

Das russische Parlament hat gestern im Zusammenhang mit dem Tschetschenienkonflikt eine Amnestie für beide Seiten beschlossen. Terrorakte und Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung wie Geiselnahmen sind von der Amnestie ausgenommen. Auf russischer Seite gilt die Amnestie auch für Wehrdienstverweigerer und Deserteure im Tschetschenienkrieg.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen