: Bittere Pille leidlich versüßt
Endlich Einigung für Hafenkrankenhaus-Personal: Kündigungsschutz mußte mit der Zustimmung zur Schließung bezahlt werden ■ Von Silke Mertins
Vor der besetzten Station D im Hafenkrankenhaus hatten sich die MitarbeiterInnen am Mittag versammelt, um auf den Personalrat zu warten. Erschöpft, mit angespannten Gesichtern, aber auch einer guten Nachricht trafen die Vertreter der Klinik-Beschäftigten eine Stunde später ein: Nach „zähen Verhandlungen“ mit dem Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) habe man gute Konditionen aushandeln können. Doch die vorläufige Sicherung der Arbeitsplätze hat einen hohen Preis. Der Personalrat mußte dafür der Schließung zustimmen.
Deshalb sei es trotz der Erfolge eine „traurige Stunde“ in der Geschichte des Hafenkrankenhauses, so Personalrats-Chef Ralf-Peter Krause. „Ich bedauere, daß der Personalrat den Erhalt nicht erreichen konnte.“ Um dem Vorwurf des „Verrats“ zuvorzukommen, fügte er hinzu, daß „nicht wir für die Schließung verantwortlich sind, sondern die Politik“.
Nach der Dienstvereinbarung zwischen LBK und Personalrat wird jedem Beschäftigten der Kiezklinik ein „gleichwertiger und zumutbarer Arbeitsplatz“ garantiert. In Streitfällen wacht eine „Einigungsstelle“ über die Einhaltung dieser Kriterien. Außerdem werden die Kiezler in den nächsten zwei Jahren bei Personaleinsparungen einmal übersprungen. 1800 Stellen werden bis Mitte 1998 in Hamburgs Kliniken dem Rotstift noch zum Opfer fallen. Die Umsetzung von St. Pauli in andere Krankenhäuser erfolgt ab 3. März.
Außerdem wurde ausgehandelt, daß niemand finanzielle Einbußen hinnehmen muß sowie Ausbildungsverträge, Kindertages-Plätze und Probezeiten mit jetzigem Stand an den neuen Arbeitsplatz „mitgenommen“ werden können.
Das Ergebnis sei „ein Erfolg, den ihr mit eurem Kampf errungen habt“, behauptete Katharina Ries-Heidke vom Gesamt-Personalrat des LBK. Selbiges Ringen soll weitergehen: „Wir unterstützen nach wie vor die Forderung nach einem Gesundheits- und Sozialzentrum, in dem auch eine stationäre Notfallaufnahme von PatientInnen sichergestellt ist“, versprach der Personalrat.
An das Ende der seit 19 Tagen andauernden Besetzung der Station D wird keineswegs gedacht. Nicht nur, weil die Schließung nicht hingenommen wird, sondern „weil wir total verscheißert werden“, so eine Mitarbeiterin. Während der Bürgermeister von 20 Betten sprach, die die Notfallambulanz St. Pauli verstärken sollen, hätten leitende Angestellte des AK St. Georg, zu dem die Ambulanz künftig gehört, nur drei Ruhebetten vorgesehen. Damit würde die Notfallversorgung auf St. Pauli zu einer reinen „Pflasterambulanz“ wie die in der Stresemannstraße. Die Befürchtung: Nach den Wahlen im September wird auch der Ambulanz der Garaus gemacht.
Nächsten Freitag beginnt der „Runde Tisch“ zwischen Stadtteil und Senat. Zur Montagsdemo (17 Uhr) wird dennoch aufgerufen; diesmal „Trommeln für Hafenkrankenhaus und Bavaria – Senat kriegt Ohrensausen“. Mit dem „größten und lautesten und schönsten Schlagzeug der Welt“ – alle sollen was Schlagkräftiges mitbringen – will St. Pauli ins Guinness-Buch der Rekorde kommen.
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