piwik no script img

Keine Anklage gegen Crash-Piloten

■ Anderthalb Jahre nach einem Tornado-Crash über dem Unterallgäu wurde das Verfahren gegen die Piloten eingestellt

Memmingen (taz) – Vier Piloten und Waffensystemoffiziere des Jagdbombergeschwaders 34 (Jabo G 34 „Allgäu“) hätten vor eineinhalb Jahren fast eine Katastrophe ausgelöst. In 3.000 Metern Höhe waren bei einer Luftkampfübung zwei Maschinen vom Typ Tornado über der Unterallgäuer Ortschaft Babenhausen aufeinander zugerast, zusammengestoßen und abgestürzt. Die Piloten konnten sich mit dem Schleudersitz retten, wurden jedoch verletzt.

Die Bewohner der Ortschaften Babenhausen und Dettingen/Iller kamen mit dem Schrecken davon. Strafrechtlich werden die Crash- Piloten nicht belangt, obwohl ein Schaden in dreistelliger Millionenhöhe entstand. Dies entschied jetzt die Staatsanwaltschaft Memmingen nach Absprache mit dem zuständigen Amtsrichter. Das Verfahren wird nach Auskunft von Oberstaatsanwalt Peter Stoeckle „wegen geringer Schuld eingestellt“.

Augenzeugen hatten damals von waghalsigen Flugmanövern berichtet. „Die waren schon den ganzen Vormittag geflogen wie verrückt, und ich hab' zu meinem Kollegen noch gesagt: Wenn die so weitermachen, passiert noch was“, sagte nach dem Unglück ein Babenhausener, der auf einer Baustelle gearbeitet hat. Staatsanwalt Stoeckle erklärte nun, die vier Soldaten hätten zwar die Möglichkeit gehabt, „bei entsprechender Aufmerksamkeit den Zusammenstoß zu vermeiden und abzudrehen“. Allerdings sei dann ein „eigenartiges Phänomen“ aufgetreten und zwar dergestalt, daß „jeder sich auf den anderen verlassen und niemand etwas unternommen hat“.

Auch der Dienstherr der Besatzungen sei davon ausgegangen, daß das Verschulden als „kein massives Fehlverhalten“ eingestuft werden müsse. Aus diesem Grund sei das Verfahren einzustellen gewesen. Zu berücksichtigen bei dieser Entscheidung war, so Staatsanwalt Stoeckle, auch die lange Dauer des Ermittlungsverfahrens, die Verletzung der Soldaten sowie „der Druck, der auf den Leuten lastet“.

Auch die militärische Untersuchung des Vorfalls ist inzwischen abgeschlossen. Es wurden nicht näher bezeichnete dienstliche Konsequenzen gezogen, die jedoch keine Auswirkung auf den fliegerischen Einsatz der Besatzungsmitglieder haben. Klaus Wittmann

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen