: Großstadtwahlen im Westen der Republik: Stuttgart, Frankfurt, Hamburg – der Trend geht gegen Rot und für Grün
Am Ende konnte es die SPD kaum fassen. Als die zweite Runde zu den Wahlen des Oberbürgermeisters am 10.November des letzten Jahres in Stuttgart ausgezählt war, lag der SPD-Kandidat Rainer Brechtken bei 13 Prozent, der Grüne Rezzo Schlauch bei 40 Prozent und der Wahlgewinner, der farblose CDU-Mann Schuster, bei 43 Prozent. Ganze 8.000 Stimmen fehlten dem Grünen zum Schluß, um sensationell zum Oberbürgermeister in einer der zehn größten deutschen Städte gewählt zu werden.
Verhindert hat diesen Erfolg die SPD. Nachdem im ersten Wahlgang erwartungsgemäß kein Kandidat die absolute Mehrheit erreichte, wäre es für den zweiten Wahlgang darauf angekommen, zur Ablösung der CDU, die Stuttgart seit Jahrzehnten regiert, den schwächeren der beiden Oppositionskandidaten zurückzuziehen. Da Rezzo Schlauch im ersten Wahlgang bereits 30 Prozent, der SPD-Mann Brechtken aber nur 24 Prozent erreichte, hätte die SPD zurückziehen müssen. Obwohl die Grünen in vielen Städten Baden-Württembergs im umgekehrten Fall dies klaglos getan haben, weigerte sich die SPD in Stuttgart und sicherte so den Erfolg des CDU-Mannes.
Diese Kooperationsverweigerung der SPD hat bundesweit zu einer Vertiefung der Konkurrenz zwischen Grün und Rot geführt. Auch bei den hessischen Kommunalwahlen am kommenden Sonntag gehen alle Umfrageinstitute davon aus, daß die SPD Stimmen verliert und die Grünen in erheblichem Umfang zulegen werden. Danach können die Grünen, die bei den letzten Wahlen in Frankfurt 13 Prozent hatten, diesmal in der Mainmetropole die 20 Prozent schaffen, wogegen die SPD wohl unter 30 Prozent fallen wird. Da die Oberbürgermeister in Hessen direkt gewählt werden, bleibt in Frankfurt die CDU-Frau Petra Roth, unabhängig vom Wahlausgang für das Stadtparlament, oberste Repräsentantin Frankfurts.
Spannend werden die Landtagswahlen am 21. September dieses Jahres in der Nordmetropole Hamburg. Alle Demoskopen gehen davon aus, daß die jetzt mitregierende Statt-Partei nicht wieder in die Bürgerschaft kommt, dafür die CDU, die bei den letzten Wahlen auf dem historischen Tiefstand von 25 Prozent landete, wieder deutlich zulegen wird und auch die Grünen sich von jetzt 13 auf knapp 20 Prozent verbessern können. Verlierer wird neben der Statt- Partei die SPD sein. Für die SPD in Hamburg stellt sich zum wiederholten Male die Frage, ob sie mit den Grünen zusammengeht oder den bequemeren Weg einer Großen Koalition anstrebt. JG
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