piwik no script img

Schlappe für Wrocklage

■ Visum in der Bürgerschaft: SPD pfeift Innensenator vom Kanther-Kurs zurück

Die heftige Debatte in der SPD um die Visumpflicht für Migrantenkinder endete gestern mit einer schallenden Ohrfeige für Innensenator Hartmuth Wrocklage. Nachdem der Sozialdemokrat die Eilverordnung wider die Integration aus dem Hause des CDU-Hardliners Manfred Kanther zunächst stürmisch begrüßt hatte, mußte er sich nun von der Fraktion zurückpfeifen lassen.

„Ich empfehle dem Hamburger Senat, der Verordnung des Bundesinnenministers im Bundesrat nicht zuzustimmen“, sage Erhard Pumm (SPD) gestern in der Bürgerschaft kurz und bündig. Die Verordnung sei rassistisch, völlig unwirksam und verursache Aktenberge. Pumm bezog sich dabei auf das Europäische Parlament, das die Kanthersche Verordnung zurückgezogen sehen will. Es sei „der Beginn einer Kampagne gegen Ausländer“, so Pumm.

Nach kontroverser Ratlosigkeit entschloß sich die SPD kurzfristig doch noch, einen eigenen Antrag in die Bürgerschaft einzubringen. Anders als die GAL, die eine eindeutige Ablehnung fordert, begibt sich die SPD auf einen Schlingerkurs. Das Kindervisum soll einerseits abgelehnt werden, andererseits sollen Migrantenkinder aber eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen müssen. Diese bürokratischen Integrationshürden sollen nach den naiv wirkenden Vorstellungen der SPD aber „unkompliziert“ gestaltet und „zügig erteilt“ werden. Also: Eine abgemilderte Form der Kanther-Linie. Die illegale Zuwanderung müsse zudem, so der SPD-Antrag, „verhindert“ werden, um den Drogenhandel zu bekämpfen.

Während die GAL sich auf den Oppositionsbänken angesichts des Hamburger Schmusekurses mit den Bonner Christdemokraten gruselt, kann die hiesige CDU die Kritik am Visum gar nicht begreifen. Es sei doch nicht so schlimm, „sich noch einen Stempel mehr“ von den Behörden abzuholen, so der Asyl-, Ausländerrecht und die verschiedenen Ausländergruppen durcheinanderwerfende CDU-Abgeordnete Wolfgang Kramer.

Alle Anträge wurden in den Innenausschuß überwiesen

Silke Mertins

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen