Das Portrait
: Die Theaterfrau

■ Friederike Caroline Neuber

Sie war schön, begabt und ehrgeizig. 150 Jahre früher hätte sie sicher als Hexe gegolten. So aber wurde Friederike Caroline Neuber, geborene Weißenborn, die bedeutendste Theaterfrau des 18. Jahrhunderts. Eine Karriere, die nicht ganz freiwillig begann. Der Legende nach rettete sich Caroline im Jahr 1716 durch einen beherzten Sprung aus dem Fenster des Zwickauer Elternhauses vor den Mißhandlungen des Vaters und fiel bald darauf unter die Schauspieler. Denn wo sollten sie sonst hin, sie und ihr Freund Johann Neuber?

Im 18. Jahrhundert hatten Komödianten kein Bürgerrecht, und für ihr meist mühsames Auskommen mußten sie möglichst spektakulär auf den Marktplätzen den Affen machen. Hier setzte „die Neuberin“ einige Jahre später an. 1727 gründete sie eine eigene Truppe und erreichte von Friedrich August Herzog zu Sachsen ein Privileg. Das war viel: Sie durfte damit auch in Leipzig zur Messezeit spielen! Und war dort so erfolgreich, daß der Leipziger Literaturpapst Gottsched Kontakt zu ihr aufnahm. Gemeinsam versuchten sie das Theater zu reformieren.

Ihm lag daran, an den französischen Klassizismus anzuknüpfen, ihr lag an einer Verbesserung des Schauspielerstandes. Um die Komödie hoffähig zu machen, mußten die wüstesten Hanswurstiaden vermieden werden. Also ließ die Neuberin französische Stücke in deutscher Übersetzung spielen und erzog ihre Truppe zur arbeitsamen Pünktlichkeit. Indes, das Publikum wollte keine Deklamationen, sondern Deftiges. Die Neuberin aber machte weiter. Auch noch, als sie das Privileg nach Augusts Tod 1734 verlor und Gottsched sich zurückzog. 1737 fand in Leipzig die legendäre Verbannung des Harlekins von der Bühne statt. Die Neuberin spielte ihn selbst, und im Vorspiel „Der alte und der neue Geschmack“ wurde ihm der Prozeß gemacht. Eine Aktion nicht gegen den Spaß, aber gegen das Zotige.

Doch die Konkurrenz war stärker. Die Neuberin mußte Leipzig verlassen und tourte, bis sie 1760 völlig verarmt in Dresden starb. Ihre und Gottscheds Bemühungen wurden von Lessing und dem ersten stehenden deutschen Theater in Hamburg ab 1767 fortgesetzt, Frauen aber spielten erst im 19. Jahrhundert wieder eine Rolle im deutschen Theater: meist als entsagungsvolle Liebhaberinnen. Petra Kohse