: Die ganze Welt auf einem Fleck
■ Die 31. Tourismus-Börse auf dem Messegelände lädt zum Familienausflug. Umweltschützer kritisieren Massentourismus
Auf dem Messegelände unter dem Funkturm ist am Samstag die 31. Internationale Tourismus- Börse (ITB) eröffnet worden. 50.000 Besucher werden auf der weltweit größten Ausstellung dieser Art bis zum kommenden Mittwoch erwartet. Mehr als 6.500 Aussteller aus 177 Ländern buhlen um die Gunst der FachbesucherInnen und des breiten Publikums.
Offiziell eröffnete die Messe am Abend der Bundeskanzler. Reisen und Urlaub seien ein Grundbedürfnis und Freiheitsrecht, erklärte Kohl. Mehr noch: Tourismus sei außerdem ein wichtiger Beitrag zur Friedenspolitik.
Um Frieden und Freiheit ging es am Samstag auch den AktivistInnen von amnesty international, die sich vor dem Haupteingang der ITB postiert hatten, um auf Menschenrechtsverletzungen in zahlreichen Ausstellerländern hinzuweisen.
Auch UmweltschützerInnen stehen dem bunten Treiben kritisch gegenüber. Schließlich wird sich beispielsweise der touristische Flugverkehr nach Schätzungen des Deutschen Naturschutzringes (DNR) bis zum Jahr 2010 gegenüber 1993 verdoppeln. Im Vorfeld der ITB haben die Umweltminister von 18 Staaten eine „Berliner Erklärung“ zur Förderung eines „sanften Tourismus“ erarbeitet. Der DNR bezeichnete die Willensbekundung der Minister jedoch als eine „Erklärung ohne Biß“, weil sie nicht weit genug gehe. Die Beschlüsse der Konferenz seien international nicht verbindlich – kein Staat und Reiseveranstalter müsse sich daran halten.
Thorsten, Ralf und Boris, die eigens zur Eröffnung aus Nürnberg angereist sind, haben andere Probleme: „Der Service ist total beschissen. Wir sind rumgelaufen wie die Idioten und haben nichts zu essen bekommen.“ Die gute Laune hat ihnen der gastronomische Engpaß aber nicht verhagelt. „Die Ausstellung ist gigantisch – die ganze Welt auf einem Fleck!“ Dementsprechend haben sich die jungen Herren ausstaffiert: Strohhüte aus Brasilien, jeder führt einen gelben Luftballon aus Neuseeland mit sich. Aufschrift: „Adventure Holidays“. Gerade haben sie eine Reise auf einem Fliegenden Teppich unternommen. So jedenfalls wird es auf dem kostenlosen „Urlaubsvideo“ aussehen – der Computer machtś möglich. Weitere Beute der Andenken-Safari: prall gefüllte Plastiktüten mit Buttons, Aufklebern und Postern: „Wir waren fast überall.“ Wie die junge Familie, die gerade ihren ITB-Tag am Imbißstand ausklingen läßt. Das „internationale Flair“ hat sie zum Familienausflug veranlaßt. Die Urlaubsplanung ist längst gelaufen: Spanien, wie jedes Jahr.
Die Kinderkarre des kleinen Pascal kippt fast um vor Plastiktüten voller Hochglanzpapier, die an den Griffen hängen. Papa gönnt sich ein Bierchen. Gleich werden sie sich auf die Suche nach dem Ausgang machen. Gar nicht so einfach in diesem Labyrinth von Hallen, das eine Fläche von mehr als 100.000 Quadratmetern bedeckt. Holger Wicht
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