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Beim Friedensprozeß knallen die Türen

■ Die israelisch-palästinensischen Verhandlungen stehen vor dem Ende: Aus Protest gegen die israelischen Abzugspläne aus dem Westjordanland tritt der palästinensische Chefunterhändler zurück

Jerusalem (AFP/AP/rtr) – Der Streit zwischen Israel und den Palästinensern um den Teilrückzug der israelischen Truppen aus dem Westjordanland ist gestern bei einem Einigungsversuch auf höchster Ebene eskaliert. Der Vorsitzende der palästinensischen Autonomieverwaltung, PLO-Chef Jassir Arafat, sprach von einer „ernsten Krise“ im Friedensprozeß. Der Grund: „Vertragsbruch“ durch die Israelis. Arafats Unterhändler Saib Erekat erklärte die israelisch-palästinensischen Verhandlungen gar für „beendet“.

Am Sonntag abend hatte der palästinensische Unterhändler und Arafat-Vertraute Mahmud Abbas wutentbrannt ein Treffen mit Israels Außenminister David Levy abgebrochen. Dieser sagte danach, beide Seiten hätten „völlig gegensätzliche Ansichten des Friedensprozesses“. Die israelische Regierung hatte am Freitag den Teilrückzug aus neun Prozent der ländlichen Regionen des Westjordanlandes beschlossen. Die Palästinenser kontrollieren davon aber bereits sieben Prozent. Sie fordern, daß sich die Truppen vorerst aus rund einem Drittel des Westjordanlandes zurückziehen.

Der Streit war in der Nacht zum Montag eskaliert, als sich Levy mit dem als Abu Masen bekannten Machmud Abbas zu Verhandlungen in Jerusalem traf. Dabei sollte die seit Tagen schwelende Krise eigentlich beigelegt werden. Levy hatte dafür seine für gestern geplante Reise nach Washington verschoben. Auch er verließ den Verhandlungsort mit grimmigem Gesicht. Auf Anordnung von Regierungschef Benjamin Netanjahu, der gestern nach Moskau flog, sagte Levy gestern seine USA- Reise ganz ab, um den Kontakt zu den Palästinensern zu halten.

Abbas erklärte gestern aus Protest gegen die israelische Haltung seinen Rücktritt als Unterhändler. Der palästinensische Informationsminister Jassir Abed Rabbo sagte, „wenn wir den Israelis nachgeben, brauchen sie mehr als 50 Jahre, um ihren Rückzug zu beenden“.

Widerstand gegen den geplanten Rückzug schlägt der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auch aus den eigenen Reihen entgegen. Zahlreichen rechtsgerichteten Abgeordneten gehen die Rückzugspläne zu weit. Sie wollen ein neues Gesetz verabschieden, daß die Entlassung des Ministerpräsidenten schon mit einer Mehrheit von 61 statt bisher 80 Stimmen erlaubt. Netanjahu traf sich gestern mit den Fraktionsführern der sieben Koalitionsparteien. Danach wollte er nach Rußland reisen.

Der Ton der Auseinandersetzung zwischen Israelis und Palästinensern hatte sich in den vergangenen Tagen verschärft, nachdem die Regierung den Bau einer neuen jüdischen Siedlung im besetzten Ost- Jerusalem beschloß. Mit dem Bau werde bereits Ende März begonnen, kündigte der stellvertretende Erziehungsminister Mosche Peled an. Der für Jerusalem-Fragen zuständige Palästinenservertreter Faisal Husseini drohte: „Am Tag, wenn die Bulldozer auf das Gelände fahren, gibt es Auseinandersetzungen.“

Aus Kreisen um die palästinensische Führung verlautete gestern gar, es gebe bereits Überlegungen, den Sitz der palästinensischen Regierungs- und Verwaltungsbehörden aus dem autonomen Gaza in die ägyptische Hauptstadt Kairo zu verlegen.

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