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Castoren-Debatte für Kumpelschelte genutzt

■ Regierung kritisiert bei Atomdiskussion im Bundestag Solidarisierung der Opposition mit den wütenden Kohlearbeitern. Bilanz der Proteste in Gorleben

Bonn/Hannover (taz/rtr) – CDU und FDP haben die von der FDP beantragte aktuelle Stunde über die Castor-Transporte genutzt, um die Oppositionsparteien für die Solidarisierung mit den streikenden Bergleuten und Bauarbeitern scharf zu kritisieren. Auf die Castor-Transporte ging FDP- Generalsekretär Westerwelle in der sehr emotional geführten Debatte nur am Rande ein. Über die aktuellen Demonstrationen spottete er: Die Medien vermittelten das Bild, daß es überall Proteste gebe. Einige Kameras seien auch noch für die Bauarbeiterproteste in Berlin übrig. Weiter sagte der Generalsekretär: Es entstehe der Eindruck, „wer demonstriert, hat recht“. Der SPD gehe es dabei „nicht um die Kumpel, sondern um die nächsten Wahlen“. An Grünen-Sprecher Joschka Fischer gewandt, sagte Westerwelle: „Eine Partei, die ihre Positionen zum Ausstieg der Kohle verleugnet, zeigt, daß sie zu einer peinlichen Funktionspartei geworden ist.“ Auch der CDU-Abgeordnete Hans-Otto Wilhelm, der als erster für die CDU redete, konzentrierte sich auf Kritik an der Unterstützung der Demonstranten durch die Opposition.

SPD und Bündnisgrüne wandten sich in scharfer Form vor allem gegen die Westerwelle-Rede. Der SPD-Abgeordnete Hans-Peter Kemper sagte, er sei „geschockt“, wie verantwortunglos Guido Westerwelle die Demonstranten kriminalisiere. Die Demonstrationen seien allein eine Folge der herzlosen Politik der Regierung.

Zum eigentlichen Anlaß – den Castor-Transporten in das Zwischenlager Gorleben – legte am Dienstag der Ermittlungsauschuß der örtlichen Bürgerinitiative Umweltschutz weitere Zahlen vor. Mindestens 400 Verletzte, davon 30 schwer, so die derzeitige Bilanz. Dabei seien nur Blessuren wie Knochenbrüche, Halswirbelfrakturen oder Nieren- und Milzprellungen gezählt. Beamte hätten auf Befehl mit Steinen geworfen. Inzwischen seien deshalb auch Strafanzeigen gestellt worden. Ein Rettungsfahrzeug sei mit einer Pistole an der Schläfe eines Sanitäters an der Weiterfahrt gehindert worden.

Schon am Montag abend haben zweihundert Atomkraftgegner die Neckarbrücke beim AKW Neckarwestheim blockiert. Damit sollte auf den bevorstehenden Transport von drei Atommüllbehältern nach England aufmerksam gemacht werden. Die abgebrannten Brennelemente des AKW sollen in Sellafield wiederaufgearbeitet werden. Danach kommt der Müll nach Deutschland zurück. Markus Franz

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