piwik no script img

Fotografieren verboten

■ Prozeß um einen Polizeieinsatz in der Hafenstraße und eine verletzte Fotografin

Als das erste Blitzlicht im Treppenhaus aufflammte, „da begannen die Probleme“. Das berichtete gestern vor dem Zivilgericht der Fotojournalist Andreas Herzau, der im November 1992 die polizeiliche Räumung einer Wohnung in der Hafenstraße dokumentieren wollte. Bei dem Einsatz wurde die Fotografin Marily Stroux derart verletzt, daß sie einen Steißbeinbruch erlitt. Jetzt klagt sie gegen die Hansestadt auf Zahlung von rund 13.000 Mark Schmerzensgeld.

„Aufgrund der Räumung herrschte eine gespannte Atmosphäre“, beschrieb Herzau gestern das Szenario im Haus Nummer 110. 30 UnterstützerInnen wollten sich friedlich und ohne Gegenwehr aus einer Wohnung im ersten Stock nach draußen geleiten lassen. „Die Verhältnisse, wer zu gehen hatte und wer nicht, waren ziemlich klar“, so Herzau. Er und seine Kollegin hätten mehrfach bekundet, die Wohnung freiwillig verlassen zu wollen. Als Marily Stroux die auf jeder Treppenstufe postierten Beamten fotografieren wollte, wurde sie von mindestens zwei Polizisten getreten und gestoßen. „Zuerst gab es nur ein Wortgefecht, dann begann sie zu schreien“, erinnerte sich Herzau, der die Fotografin im Erdgeschoß auf dem Boden liegen sah. „Dann bin ich selbst gestrauchelt.“

Demgegenüber hielten zwei Polizisten und die Einsatzleiterin daran fest, daß Stroux nicht angegriffen worden ist. „Frau Stroux ist allein gegangen“, erklärte die Einsatzleiterin vor Gericht. Der Vorsitzende Richter Hermann Antony will am 13. März in dieser Sache eine Entscheidung verkünden. Außer dem Zivilprozeß läuft ein Verfahren beim Verwaltungsgericht, in dem der Polizeieinsatz auf seine Rechtmäßigkeit überprüft wird. Ebenso in der Schwebe befindet sich das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen die Beamten, die Marily Stroux getreten haben sollen. Lisa Schönemann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen