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Visionen mit Gleisanschluß

In der Ausstellung „Renaissance der Bahnhöfe“ träumt die Bahn von der Zukunft. Große Hallen, gläserne Ufos, nichts für Schmuddelkinder  ■ Von Rolf Lautenschläger

Daß die Bahn AG mit ihren Berliner Projekten kein gutes Händchen beweist, ist bekannt. Den propagierten Visionen vom „Büro- oder Kaufhaus mit Gleisanschluß“ hinken die Eisenbahner hinterher. Die supermodernen Planungen für den Spandauer ICE-Haltepunkt mußten ebenso gekippt werden wie die Entwürfe für den Bahnhof Gesundbrunnen. Welches Konzept an der Papestraße verwirklicht wird, ist offen. Der Idee, mit großen Flächenverkäufen an private Investoren die Verkehrsbauwerke zu finanzieren, wollen diese nicht so recht folgen. Einzig der Lehrter Zentralbahnhof kommt in die Gänge, auch wenn sich dort die Bahn jetzt mit dem Projektentwickler Tishman Speyer Properties anlegt.

Solange wenig geht, schwelgt man eben in Zukunftsträumen – und das nicht einmal schlecht. Mit der eindrucksvollen Ausstellung „Die Renaissance der Bahnhöfe“ wirbt die Bahn AG gemeinsam mit dem Deutschen Architekturzentrum (DAZ) für eine neue bauliche Dimension der Verkehrsbauwerke. Zukünftige Bahnhofsarchitekturen, ob in Berlin, München, Stuttgart, Leipzig oder Frankfurt, so die Schau, sollen sich wieder an der Ästhetik der gläsernen Eisenbahnkathedralen des 19. Jahrhunderts orientieren: groß, lichtdurchflutet, transparent und schnittig. Um den Einstieg in die Visionen des 21. Jahrhunderts vorzubereiten, bietet die Ausstellung den Besuchern eine geschichtliche Retrospektive an. Zeichnungen und Pläne vom Frankfurter Kopfbahnhof zeigen die euphorische Aufbruchstimmung der technikbessenen Eisenbahnbarone, die damals schon mit wenig Gefühl die riesigen Bauten in die Stadt pflanzten. Kaum weniger megamäßig muten die Entwürfe für die kommenden Projekte der Bahn an: „Stuttgart 21“ verbannt für 4,9 Milliarden Mark die Schienenstränge komplett unter die Erde. Der Frankfurter Flughafen-Bahnhof soll als schlangenartiges „Ufo“ auf Stelzen stehen. Und in Essen wird eine gläserne Riesenhalle Bahnhof und Bürozentrum als Gesamtlösung vereinen. Der Bahnhof des 21. Jahrhunderts wird ein Raumschiff der Mobilität. Schuddelecken haben dort keinen Raum mehr.

Die Ausstellung wird heute um 18 Uhr im ehemaligen Dresdener Bahnhof, Luckenwalder Straße 4–6 eröffnet und dauert bis 19. Mai, tägl. außer Mo. von 10 bis 18 Uhr.

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