: Bonner Allianz für Einbürgerung
■ FDP und CDU-Reformer planen gemeinsamen Gesetzentwurf. Zustimmung bei SPD und Grünen
Bonn (taz) – Eine parteiübergreifende Initiative zur automatischen Einbürgerung von in Deutschland geborenen Ausländerkindern steht nach Informationen der taz in naher Zukunft bevor. Die FDP und Teile der CDU wollen einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. Bis zum 21. Lebensjahr sollen die Betroffenen eine doppelte Staatsbürgerschaft haben dürfen, müssen sich dann aber für eine entscheiden. Für den Entwurf zeichnet sich auch eine Zustimmung von SPD und Bündnisgrünen ab. Die CSU und einige CDU-Hardliner wie Innenminister Kanther lehnen die automatische Einbürgerung weiterhin strikt ab.
FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle sagte gestern der taz: „Ich halte es für möglich, daß die FDP zusammen mit den fortschrittlichen Kräften in der Union einen gemeinsamen Gesetzentwurf erarbeitet.“ Konkreter wollte sich der Generalsekretär aber nicht äußern. Beide Seiten haben Stillschweigen vereinbart. Auch die jungen Abgeordneten der CDU um Peter Altmaier, die sich seit Monaten für die automatische Einbürgerung einsetzen, waren zu einer Stellungnahme nicht bereit. In einem Brief an Bundeskanzler Helmut Kohl haben Peter Altmaier, Hermann Gröhe, Eckart von Klaeden und Norbert Röttgen diese Woche noch einmal deutlich die parteiinterne Diskussion um das Staatsangehörigkeitsrecht angemahnt. Die Abgeordneten erinnerten an den Parteitagsbeschluß, demzufolge sich der Bundesvorstand noch im ersten Quartal 1997 mit diesem Thema beschäftigen soll. Gemeint ist unter anderem die Steuerreform. „Wenn nunmehr der Beschluß des Parteitages mißachtet würde“, schrieben Altmaier und Co., „sähen wir uns in dieser Erwartung enttäuscht.“
Die FDP hat bisher auf einen Konfrontationskurs mit der CDU/CSU zur Durchsetzung einer Staatsangehörigkeitsreform verzichtet. Nun sagte die ausländerpolitische Sprecherin Cornelia Schmalz-Jacobsen: „Die Verzögerungsspiele habe ich satt.“ Jeder wisse, daß es eine klare Mehrheit im Bundestag für eine Reform gebe. „Wir werden nach Ostern wieder neu beginnen.“ Guido Westerwelle betonte die Bedeutung einer Reform. Die Folge der falschen Integrationspolitik sei eine „Ghettoisierung in den Köpfen und in den Städten“.
Bei Grünen und SPD zeichnet sich ab, daß sie sich auf eine gemeinsame Linie mit FDP und den reformfreudigen Teilen der CDU einigen können. Die Beschlußlage der SPD lautete bisher, daß nur die Kinder von selbst in Deutschland geborenen Eltern automatisch eingebürgert werden sollen. Am vergangenen Freitag hat aber der hessische Innenminister Gerhard Bökel (SPD) im Bundestag eine Bundesratsinitiative angekündigt, um einvernehmlich die Einbürgerung aller in Deutschland geborener Kinder durchzusetzen. Cornelie Sonntag-Wolgast begrüßt dies. Sie hält die automatische Einbürgerung als „emotionales Element von hoher Symbolkraft“ für unverzichtbar.
Auch die Bündnisgrünen zeigen Bereitschaft zum Einlenken auf die Linie des Gesetzentwurfs. Bisher hatten sie sich für die doppelte Staatsbürgerschaft eingesetzt und eine Entscheidung für eine Staatsbürgerschaft bis zum 21. Lebensjahr abgelehnt. Ihr einwanderungspolitischer Sprecher Cem Özdemir bezeichnete jetzt als Kernpunkt einer Reform die Einführung des Geburtsrechts: „Die doppelte Staatsbürgerschaft ist keine Hürde, an der eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts scheitern soll.“ Markus Franz
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