: Erfolg für Obdachlose
■ Schönbohm: Polizei soll sich mit Verbringung an Stadtrand zurückhalten
Die Polizei soll sich künftig beim Abtransport von Obdachlosen an den Stadtrand zurückhalten. Dies geht aus einem Bericht von Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) an das Abgeordnetenhaus hervor. Mit der Anweisung zieht der Innensenator die Konsequenzen aus einer Anhörung im Sozialausschuß. Dort hatten drei Kreuzberger Pastoren zahlreiche Fälle geschildert, in denen hilflose Personen von der Polizei in abgelegenen Stadtgebieten ausgesetzt worden waren.
Schönbohms Bericht, der laut Innenverwaltung vom Bundesgrenzschutz „inhaltlich voll mitgetragen“ wird, regelt die künftige Verfahrensweise, wenn Obdachlose einem Platzverweis durch Polizei oder BGS nicht Folge leisten. Zwar will der Innensenator den Transport in entlegene Stadtgebiete „nicht generell untersagen“, aber von der Maßnahme soll „zurückhaltender Gebrauch“ gemacht werden. Für Minderjährige und Alte, aber auch bei Hilflosen, Kranken oder Volltrunkenen komme ein „Verbringungsgewahrsam“ nicht in Betracht, heißt es. Auch dürfe die Verbringung die Betroffenen nicht gefährden. So dürfen Frauen nicht an einsamen Orten abgesetzt werden. Auch bei unzumutbarer Witterung oder Dunkelheit sowie fehlendem Anschluß an öffentliche Verkehrsmittel dürfen Obdachlose nicht in entlegene Stadtgebiete gefahren werden. Die Pastoren hatten allein 22 Fälle genannt, in denen Obdachlose im Grunewald ausgesetzt worden waren.
Als „polizeiliche Serviceleistung“ können die Beamten die Betroffenen auch in eine Wärmestube oder Notübernachtung fahren, sofern sie dies wünschen. Dies war in der Anhörung, die von den Bündnisgrünen initiiert worden war, gefordert worden. Vertreter von Polizei und Grenzschutz hatten damals aber erklärt, daß dies nicht zu ihren Aufgaben gehöre. Das ist mit der Kann-Bestimmung jetzt klargestellt, verpflichtet sind die Beamten dazu aber nicht.
Der bündnisgrüne Abgeordnete Dietmar Volk begrüßte gestern, daß die Anhörung bei Polizei und Bundesgrenzschutz zu Einsicht geführt habe. Die dort geschilderte Praxis von Polizei und BGS war von SozialpolitikerInnen quer durch die Parteien kritisiert worden. Dorothee Winden
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